Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

58 Das Deutsche Reich während des zweiten Kriegshalbjahres 
Ganz besonders eindringlich sind die Hirtenbriefe, die der Erzbischof von Cöln, Kardinal 
v. Hartmann, an seine Diözese erließ, so einen Fastenhirtenbries Anfang Februar 1915, in 
dem er der deutschen Helden und Heldentaten gedachte und die im Feld stehenden Truppen 
zu Mut und Ausdauer aufforderte; dann aber vor allem jenes Hirtenschreiben vom An 
fang Juni 1915, in dem Herz-Jesu-Andachten während des Monats Juni und eine all 
gemeine Kollekte zum Besten der im Feindesland befindlichen Kriegsgefangenen angeordnet 
wurden. Der Kardinal schreibt nach dem „Kirchlichen Anzeiger": „Die schwere Prüfung, 
die Gottes Vorsehung über uns und über Europa, ja fast über die ganze Welt verhängt 
hat, dauert noch immer an, und keine Aussicht auf ein baldiges Ende will sich zeigen. 
Im Gegenteil, das Eingreifen eines neuen Feindes gegen uns läßt befürchten, daß das 
entsetzliche Blutvergießen noch länger andauern wird. Von Anfang dieses furchtbaren 
Krieges an haben die deutschen Fürsten und Völker Herzen und Hände betend zu Gott 
erhoben um Sieg und Frieden. Der Vater der Christenheit, der Römische Papst, hat 
getreu seinem erhabenen Friedensamte sich unablässig für die Linderung der Kriegswehen 
und für die Anbahnung des Völkerfriedens bemüht und zum Gebete um Frieden immer 
wieder gemahnt. Bischöfe und Priester haben diese Mahnung auf alle Weise gefördert, 
und die Katholiken des Erdkreises sind diesen Hirtenweisungen eifrig nachgekommen. Auch 
ihr, geliebte Erzdiözesanen, habt in euren Familien und in den Gotteshäusern viel und 
treu gebetet. Ist dieses Gebet erfolglos geblieben? Keineswegs! Vom Beginn des Krieges 
bis zu dieser Stunde ist Gottes Schutz und Segen unverkennbar mit uns gewesen, daheim 
und auf den Kriegsschauplätzen in West und Ost, auf dem Meere und in den Lüften. 
Ungeheure Opfer an Gut und Blut mußten gebracht werden. Aber unsere Sache steht 
gut und hoffnungsvoll, trotz einer Welt von Feinden. Undank wäre es, darin nicht 
Gottes Huld und Gnade zu sehen; aber auch Undank, nicht anzuerkennen, daß wir diese 
Gotteshilfe ganz besonders der geistigen Waffe des Gebetes verdanken." 
An einer anderen Stelle heißt es: „Es erschüttert uns im Innersten unserer Seele, 
wenn wir der Opfer gedenken, die in der Blüte und Kraft des Lebens dahinstnken auf 
den Schlachtfeldern, der Verwundeten und Gefangenen; wenn wir gedenken der Ver 
wüstungen und Verheerungen, der Lasten, Sorgen und Tränen, die dieser Krieg schon 
gefordert hat und anscheinend noch weiter fordern wird, daheim in unserm Vaterland 
und bei unsern treuen Verbündeten, aber auch selbst bei unsern Feinden. Denn so sehr 
wir auch das Unrecht hassen, das diesen Krieg mit seinen schrecklichen Folgen frevelhaft 
heraufbeschworen hat, so schließen wir doch als Menschen, und noch mehr als Christen 
unsere Feinde von der Liebe nicht aus, die wir nach Gottes Gebot und Christi Vorbild 
auch ihnen nicht versagen dürfen." 
Auch die katholische Geistlichkeit, Weltgeistliche und Ordensgeistliche, haben sich aufopfernd 
dem Vaterlande geweiht. So waren im ersten Kriegshalbjahr allein von den Franziskanern 
Deutschlands 676 Ordensmitglieder und Aspiranten im Feld; davon hatten 19 das 
Eiserne Kreuz erhalten. So stehen von den Klerikern und Brüdern der Bayerischen 
Männerorden 50 als Feld- und Lazarettgeistliche, 115 im Sanitätsdienst und 421 
unter den Waffen im Felde. Das ist in Anbetracht der genannten Kopfzahl ein hoher 
Prozentsatz, wobei noch hinzukommt, daß die Benediktiner zwei, die Redemptoristen ein 
und die barmherzigen Brüder sieben Lazarette in Bayern unterhalten. 
Wie in den evangelischen war auch in den katholischen Kirchen Preußens anläßlich des Ge 
burtstags des Kaisers im Januar 1915 für die Kriegsinvaliden gesammelt worden. Die 
Kollekte ergab 575000 Mark, die der Erzbischof von Cöln, Kardinal v. Hartmann, und der 
Bischof von Trier dem Kaiser im Hauptquartier in besonderer Audienz überreichten; der 
Kaiser soll dabei geäußert haben, die Summe ermögliche es ihm, einen besonderen Herzens 
wunsch zu erfüllen, nämlich auch solche Kriegsgeschädigten mit Unterstützung zu bedenken,
	        
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