Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

42 Das Deutsche Reich während des zweiten Kriegshalbjahres 
Land imstande ist, neun Milliarden Mark aufzubringen, ist ein Ereignis, das von der 
Geschichte einst als wirtschaftliche Großtat verzeichnet werden wird. Es zeigt, was bei 
glänzender Organisation mit geschlossener, fest und bestimmt auf das große Ziel ge 
richteter Tatkraft zu erreichen ist." 
In engem Zusammenhange mit dem beispiellosen Erfolge der Kriegsanleihe stand die 
weise Finanzpolitik der Reichsbank. Der Diskontsatz, der von der Reichsbank 
am 23. Dezember 1914 von sechs auf fünf Prozent herabgesetzt war, konnte sich das 
ganze zweite halbe Kriegsjahr aufrecht erhalten. Im Juli 1914 und 1913 war er 
um ein Prozent höher gewesen. Infolge des gekräftigten Geldmarktes und der auf eine 
solide Grundlage gestellten Kreditverhältnisse konnte man von der Einführung eines Mo 
ratoriums (im Gegensatze zu den feindlichen Ländern) auch weiterhin absehen. Wenn 
sich trotzdem die Wechselkurse recht zu unsern Ungunsten wandten, so lag das lediglich 
an der Unterbindung der Warenausfuhr über unsere Grenze und der Vereitlung unseres 
Geldverkehrs mit dem Auslande. Der Wechselbestand der Reichsbank, der sich am 23. 
Juli 1914, also kurz vor dem Kriegsausbruch noch auf 751 Millionen Mark beschränkt 
hatte, erreichte am 31. Mai 1915 mit 6860 Millionen Mark seinen Höchststand und 
fiel bis zum 31. Juli auf 4784,5 Millionen Mark. Der Notenumlauf hatte am 23. 
Juli 1914 1891 Millionen Mark betragen und war am 31. Juli 1915 auf 5538 Mil 
lionen Mark gestiegen. Dabei war die Golddeckung sogar noch etwas höher (43,3 Pro 
zent) gegenüber dem Stande bei Kriegsausbruch (43,1 Prozent). Das Erstaunlichste 
war der dauernde Goldzuwachs der Reichsbank. Während er vor Kriegsbeginn 1253 
Millionen Mark betragen hatte, bezifferte er sich am Ende des ersten Kriegsjahres, am 
31. Juli 1915, auf 2400 Millionen Mark und war damit aus fast das Doppelte ge 
stiegen. Wenn man bedenkt, daß unsere Zentralnotenbank 1876, im ersten Jahre ihrer 
Tätigkeit, nur über einen Goldbestand von 286,73 Millionen Mark verfügte, so kann 
man sich einen Begriff von der gewaltigen Bedeutung der vorher genannten Ziffern 
machen. Allerdings war dieses unablässige Zuströmen des Goldes in die öffentlichen 
Kassen und damit in die Reichsbank nur dadurch möglich, daß die Aufklärung über die 
dringende Notwendigkeit der Hergäbe des Goldes durch Presse, durch Plakate, durch 
Vorträge und durch Sammlungen aller Art unablässig weiter betrieben wurde. 
In das zweite Kriegshalbjahr fielen auch die Geschäftsabschlüsse und die General 
versammlungen der meisten Banken. Allein die Reichsbank konnte für das abgelaufene 
Geschäftsjahr 1914 1,81 Prozent mehr Dividende als im Vorjahr geben, obwohl sie in 
folge der unsicheren Kriegszeit nicht weniger als 35,2 Millionen Mark auf zweifelhafte 
Forderungen reservierte (gegenüber 1,05 im vorhergegangenen Jahre). Dagegen hatten 
die anderen Banken säst ausnahmslos ihre Dividende herabsetzen müssen. Die nach 
stehende Aufstellung der führenden Großbanken, wobei die Zahlen die Prozente angeben 
(die für 1913 sind in Klammern gesetzt), mag ein Bild davon geben: Reichsbank 10,24 
(8,43), also Differenz +1,81, Deutsche Bank 10 (12V2), also Differenz —2V 2 , Diskonto- 
Gesellschaft 8 (10), also Differenz —2, Dresdner Bank 6 (8V2), also Differenz — 2V 2 , 
Darmstädter Bank 4 (6Vs), also Differenz — 2Vs, Berliner Handelsgesellschaft 5 (8Vs), 
also Differenz — 3Vs, Nationalbank 0 (6), also Differenz —6, Kommerzbank 4Vs (6), 
also Differenz —IV2, Mitteldeutsche Kreditbank 5Vs (6Vs), also Differenz —1. 
Ein Kapitel für sich bilden die Hypothekenbanken. Sie konnten auch im ersten 
Halbjahre 1915 an eine Fortführung des Grundkreditgeschäftes nicht denken. Soweit 
die Ausweise der Banken für das halbe Jahr vorlagen, war der Umlauf der Obli 
gationen, insgesamt auf 11,6 Milliarden Mark berechnet, sich fast gleich geblieben. Das 
Halbjahr Juli bis Dezember 1914 hatte sogar eine Abnahme des Obligationenumlauss ge 
bracht, der sich auf nicht ganz 15 Millionen Mark bezifferte.
	        
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