Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Deutschlands wirtschaftliche u.sozialeOrganisation während des zweiten Kriegshalbjahres 41 
für Armeebedarf vergibt und die sofort in Bar reguliert werden, hatte ein auffallend 
starkes Nachlassen der Kreditinanspruchnahme auf dem Geldmärkte zur Folge gehabt. 
Schon Wochen und Monate vorher bestand daher ein überaus leichter und flüssiger 
Geldstand. Die Ausgabe der neuen Anleihe konnte daher in keinem günstigeren Mo 
mente erfolgen. Und da sie glänzend organisiert war, blieb der Erfolg nicht aus. Zu 
den Zeichnungsstellen der ersten Anleihe: der Reichsbank, der Preußischen Seehandlung, 
der Zentralgenossenschaftskasse, der König!. Hauptbanl Nürnberg, den sämtlichen deutschen 
Banken und Bankiers, den öffentlichen Sparkassen und Lebensversicherungsgeseüschaften 
traten diesmal noch sämtliche Kreditgenossenschaften und Postämter hinzu. Selbst den 
Truppen im Felde wurden Zeichnungsscheine durch ihre Truppenteile zugänglich gemacht. 
Dazu kam, daß die Reichsbank noch kurz vor Jahresschluß 1914 ihren Diskontsatz um 
ein Prozent, auf fünf Prozent, herabgesetzt hatte, und die Reichsdarlehenskasse diesmal 
aus Vorschüsse für den Ankauf von Kriegsanleihen 5% Prozent berechnete, während sie 
bei der ersten Anleihe 6 Prozent Vorschußzinsen genommen hatte. Eine lebhafte Pro 
paganda, vor allem in der Presse, setzte ein, und die aufklärende Tätigkeit über die 
Bedeutung der Anleihe zog so weite Kreise, daß selbst in den Schulen den Schülern 
Zeichnungsscheine gegeben wurden, um deren Eltern zur Beteiligung an der Zeichnung 
zu veranlassen. Auch diesmal war die Höhe der Anleihe unbegrenzt; sie bestand ebenso wie 
die erste aus fünfprozentigen Schuldverschreibungen des Reichs und aus fünfprozentigen 
Reichsschatzanleihen. Die kleinsten Stücke, die ausgegeben wurden, bezifferten sich auf 
100 Mark. Die Einzahlung der Beträge hatte in fünf Raten, bis spätestens Mitte August 
1915, zu erfolgen. Der Zeichnungspreis betrug 98,60 Mark (bei Eintragung der Reichs 
anleihe in das Reichsschuldbuch mit Sperre nur 98,30 Mark); das war ein Prozent 
mehr im Kurse, als bei der ersten Anleihe, die im freien Börsenverkehr zu dieser Zeit 
bereits um 2 1 / i Prozent über dem Zeichnungskurse umgesetzt wurde. Die Zeichnungsfrist 
lief am 19. März 1915 mittags ab. Das Ergebnis der Anleihe war in dem Zeichnungs 
betrage mehr als das Doppelte der ersten Kriegsanleihe. Während auf diese 4460 Mil 
lionen Mark gezeichnet worden waren, hatte sich diesmal das deutsche Volk mit 9060 
Millionen beteiligt. Und auch dieses Mal war die Zahl der kleinen Zeichner auffallend 
groß. Es waren gezeichnet worden: 452113 Stücke bis 200 Mark (71 Millionen Mark), 
581470 Stücke von 300 bis 500 Mark (254 Millionen Mark), 660 776 Stücke von 600 bis 
1000 Mark (604 Millionen Mark) und 418861 Stücke von 1100 bis 2000 Mark (733 
Millionen Mark). Insgesamt wurden 26191060 Zeichner gezählt gegenüber 11772350 
bei der ersten Kriegsanleihe. Bei den Privatbanken waren für die Märzanleihe 5502 
Millionen zusammengekommen, also allein mehr, als im September im Ganzen (4460). 
Die Sparkassen hatten 1977 Millionen aufgebracht, mithin ein Zehntel ihres Gesamt 
vermögens. Dieser überraschende Erfolg wurde mit jedem Tage, wo die Einzahlungen auf 
diese ungeheueren Zeichnungen eingingen, noch größer. Am 14. April 1915 sollte, laut 
Zeichnungsaufforderung, die erste Rate von 30 Prozent, also noch nicht ganz drei Mil 
liarden Mark eingezahlt sein. In Wirklichkeit aber waren bis zu diesem Tage 6076 
Millionen Mark, das sind 67 Prozent, auf die Anleihe entrichtet worden. Bis zum 
zweiten Einzahlungstermin am 20. Mai 1915 hatten sich die Einzahlungen schon aus 
7830 Millionen Mark oder 86 Prozent der Gesamtzeichnungen erhöht und am 31. Juli 
waren bereits 98,4 Prozent der Gesamtzeichnungen beglichen, das sind 8959 Mil 
lionen Mark. 
Dieser glänzende Erfolg auf finanziellem Gebiete ries selbst im Auslande, insbesondere 
in den neutralen Staaten, unverhohlenes Erstaunen hervor. So schrieb unter anderem der 
Berner „Bund": „Schon die erste Anleihe erregte Bewunderung. Aber die zweite be 
deutet sicherlich ein Novum in der Weltgeschichte. Daß nach acht Kriegsmonaten das
	        
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