Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

10 Das Deutsche Reich während des zweiten Kriegshalbjahres 
22. Juli 1915. 
Der Vertreter des bulgarischen Finanzministeriums, Dr. Stojanow, ist zur Be 
sprechung finanzieller Fragen in Berlin eingetroffen. 
24. Juli. 
Der ehemalige Großwesir Hakki Pascha ist an Stelle des Generals Machmud 
Mukhtar Pascha zum türkischen Botschafter in Berlin ernannt worden. 
Ibrahim Hakki Pascha ist ein warmer Freund Deutschlands, einer der leitenden Männer 
der Türkei, die eifrig daran gearbeitet haben, sein Vaterland in immer engere Beziehungen zu 
den Zentralmächten zu bringen. Hakki, der 55 Jahre alt ist, kam schnell vorwärts. Unter Abdul 
Hamid war er Sekretär im Jildis-Kiosk, wurde dann Schöpfer und Leiter des Uebersetzungsbureaus, 
das nicht bloß politische und diplomatische Dokumente, sondern auch interessante Werke der fremden 
Literaturen für den Sultan ins Türkische zu übersetzen hatte. Die Beschäftigung mit diesen fremden 
Literaturen blieb auf Hakkis Anschauungen nicht ohne Einfluß, er wurde der Europäer unter den 
Beamten des Serails. Aber auch auf der Hohen Pforte, wo er (1904) im Ministerium des Aeußern 
die Stellung eines juridischen Beirats bekleidete, war er einer der Gebildetsten und Aufgeklärtesten. 
Der konstitutionellen Bewegung schloß sich Hakki Pascha mit aller Kraft an. Im ersten konstitutio 
nellen Kabinett war er Kultusminister und provisorischer Minister des Innern (1908). Einige Zeit 
wirkte er dann als Botschafter in Rom, und zu Beginn des Jahres 1910 erfolgte seine Ernennung 
zum Großwesir als Nachfolger Hilmi Paschas. Er blieb etwa ein halbes Jahr im Amte. 
Hakki Pascha, der einer der besten Juristen der Türkei ist, war Lehrer an der Konstantinopler 
Rechtsschule, und viele Jungtürken, die jetzt wichtige Stellungen einnehmen, verdanken ihm ihre 
rechtswisfenschaftliche Ausbildung. Auch mehrere Werke hat Hakki Pascha geschrieben: drei Bände 
über internationales Recht, drei Bände über allgemeine Geschichte und eine Geschichte des Islam. 
Die dritte und vierte 
Kriegstagung des deutschen Reichstags 
Die Session vom 10. bis 20. März 1915 
Die Sitzungen des IO. März 1915 
Die Reichstagssitzung vom 10. März 1915 erinnerte lebhaft an die Tagung vom 
Dezember 1914. Wieder war das Haus in allen Teilen besetzt, die Tribünen über 
füllt, und womöglich sah man noch mehr militärische Uniformen und aus dem Felde 
herbeigeeilte Volksvertreter. Der Präsident Dr. Kämpf eröffnete die Sitzung um 2 Uhr 
15 Minuten mit folgender Ansprache: 
„Nach einer Vertagung von mehr als drei Monaten heiße ich Sie alle zu neuer Arbeit 
in diesem Hause willkommen, sowohl Sie, die Sie — zu den Fahnen einberufen — aus 
dem Felde herbeigeeilt find, wie Sie, die Sie in der Heimat der Kriegshilse Ihre 
Tätigkeit widmen, alle nur von einem Gedanken beseelt, von dem Gedanken an die sieg 
reiche Durchführung des gewaltigen, uns aufgezwungenen Krieges. 
Auf allen Kriegsschauplätzen stehen wir mitten in der Entwicklung schwerwiegender 
Ereignisse. Im Westen hält unser tapferes Heer trotz aller Mühen und Strapazen mit 
echt deutscher Zähigkeit die 4OO Kilometer lange Schlachtlinie von den Vogesen bis an 
den Kanal unerschütterlich fest, wie eine Mauer von Stahl und Eisen, an der die Ver 
suche der feindlichen Offensive machtlos zerschellen. Im Osten leitet ein genialer 
strategischer Gedanke auf einer noch längeren Front, von der Ostsee bis zu der Buko 
wina, die kriegerischen Operationen. Unter beinahe übermenschlichen Anstrengungen, die 
ein Winterfeldzug in unwirtlichen Gegenden von den heldenmütigen Soldaten unserer 
und der österreichisch-ungarischen Armee verlangt, sind hier Erfolge erzielt, wie sie seit 
dem Tage von Sedan nicht erlebt worden. Im Süden hält die tapfere Osmanische 
Armee Wacht an den Dardanellen, die die übermächtige englisch-französische Flotte ver
	        
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