Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

312 Italien und der Vatikan bis zum Ausbruck des italienischen Krieges 
fekten des Obersten Tribunals der päpstlichen Signatur ernannt. Der Pro-Datar ist 
der erste Palastkardinal des Papstes und Chef der Dataria, d. h. jener Behörde, welche 
die Pfründen und Benefizien der Gesamtkirche verteilt. 
Von den Gesandten beim Heiligen Stuhl 
29. Dezember 1914. 
Der neuernannte außerordentliche und bevollmächtigte Gesandte des Königs von 
England beim Heiligen Stuhl, Sir Henry Howard, hat im Vatikan sein Be 
glaubigungsschreiben überreicht. Nach seiner Instruktion hatte er den Auftrag, „den 
Papst zu seiner Wahl zu beglückwünschen und ihm die verschiedenen Gründe mitzuteilen, 
die die britische Regierung nötigten, in den gegenwärtigen Krieg einzugreifen, nachdem 
ste alle Mittel angewendet habe, um den Frieden zu erhalten." In Wirklichkeit wollte 
England wohl dadurch den englischen Katholiken, namentlich den Iren und Kanadiern, 
entgegenkommen, den deutsch-österreichischen Einfluß beim Vatikan mindern und eine 
Verbindung zwischen Frankreich und dem päpstlichen Stuhl erleichtern und vermitteln. 
15. Februar 1915. 
Der belgische Gesandte beim Heiligen Stuhl, Maurice Baron d'Erp, der neun 
zehn Jahre lang Belgien beim Vatikan vertrat, ist von seinem Posten zurückgetreten. 
Die belgische Regierung hat sein Entlassungsgesuch angenommen. 
Baron d'Erp hatte ein feierliches Totenamt für „die ohne Urteil und Recht von den Preußen 
füsilierten 57 Geistlichen Belgiens" bestellt und verlangt, daß diese von ihm niedergeschriebene An 
zeige im „Osservatore Romano" veröffentlicht werde. Das vatikanische Organ sprach jedoch von der 
„Totenfeier für die im Kriege gefallenen Priester Belgiens" und lehnte auf die Beschwerde d'Erps 
beim Kardinal-Staatssekretär jede Richtigstellung ab. Darauf entschloß sich der achtzigjährige Baron 
d'Erp zum Rücktritt, den er mit dem Hinweis auf sein Alter und auf den Tod seines Sohnes und 
seiner Neffen für das Vaterland begründete. 
29. März. 
Der neue belgische Gesandte, der frühere Minister van Heuvel, ist vom Papst in 
feierlicher Audienz empfangen worden, in der er ein Handschreiben König Alberts von 
Belgien überreichte. In der Antwort auf die Ansprache des neuen Gesandten, die eine Auf 
zählung der Greueltaten der Deutschen in Belgien enthielt, verwies Benedikt XV. auf 
seine Rede im Konsistorium vom 21. Januar 1915 (vgl. S. 316) und sagte dann wört 
lich: „Wir gedenken alle der Schiüsalsschläge, die Ihr edles Land in der letzten Zeit 
betroffen haben. Diese traurige Erinnerung zwingt uns unsere Anteilnahme von neuem 
zu bezeugen, wie wir sie bereits Ihrem Kardinal-Erzbischof Mercier von Mecheln anläß 
lich des letzten Konsistoriums kundgegeben haben. Wir wünschen unsern lieben Söhnen 
in Belgien, daß sie bald die schöne Sonne des Friedens über dem Horizont ihres Vater 
landes begrüßen können. Wir wollen uns aber nicht mit diesen einfachen Wünschen 
begnügen; für den Augenblick jedoch bitten wir nur, daß die Belgier niemals an dem Wohl 
wollen zweifeln mögen, das wir für sie hegen." An die persönliche Adresse des Ge 
sandten als Verfasser des Buches über die Neutralität Belgiens richtete der Papst die 
Worte: „Da Sie in Ihrem Vaterland Minister der Justiz und Professor der Rechts 
wissenschaft an der berühmten und unserer Kirche besonders teuren Universität Löwen 
gewesen sind, so können Sie nur von einer Leidenschaft beseelt sein, von der für die 
Gerechtigkeit und Wahrheit." 
Ende Mai 1915. 
Die beim Vatikan beglaubigten Gesandten Oesterreich-Ungarns, Preußens 
und Bayerns, Fürst Schönburg, Baron v. Mühlberg und Freiherr v. Ritter haben 
ihren Sitz in die Schweiz nach Lugano verlegt. Sie sind zusammen mit den Bot 
schaftern Oesterreich-Ungarns und Deutschlands am 24. Mai 1915 abgereist (vgl. S. 303).
	        
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