Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

278 Die neutralen Nordstaaten und Amerika bis zur Versenkung der „Lusitania' 
Als England am 2. November 1914 die Nordsee als Kriegsgebiet erklärte, das die 
neutralen Schiffe zu vermeiden hätten (vgl. II, S. 259), erklärte die niederländische Regierung 
am 16. November in einer Note an die englische Regierung, diese neue Maßregel widerspreche 
dem Völkerrecht, das einem Kriegführenden die Befugnis zum Fernhalten neutraler 
Schiffe aus einem bestimmten Gebiete und zu einem bestimmten Zeitpunkt nur so weit 
zuerkenne, als es sich um das Gebiet der eigentlichen Kriegshandlungen handle. Die 
ganze Nordsee jedoch sei zu groß, um als ein einziges Kriegsgebiet gelten zu können. 
Mithin bedeute die Maßregel einen ernstlichen Einbruch in das Recht auf freie Fahrt 
in freier See. Auch widerspreche sie dem Geiste des Vertrages von 1907 über die 
selbsttätigen Unterseekontaktminen, da der Kriegführende, der solche Minen lege, der 
friedlichen Schiffahrt den Weg nicht sperren dürfe. Weiterhin verwies der Minister 
aus den Nachteil, welcher der niederländischen Schiffahrt daraus erwachse, daß sie den 
ihr von England angewiesenen Umweg machen müsse. Er fragte noch, ob nach An 
legung des Minenfeldes im südlichen Teile der Nordsee der gewöhnliche Kurs für die 
Schiffahrt in den Atlantischen Ozean noch frei fei. Eine Antwort auf diese Fragen 
erging nur zum Teil und erst am 15. Januar 1915. Indes ergab sich tatsächlich, daß 
die niederländische Schiffahrt auch einen andern als den ihr in der englischen Erklärung 
vorgeschriebenen Zwangsweg fahren könne. 
Am 4. Januar und 10. Februar 1915 ließ die deutsche Regierung ihre Maßnahmen 
für Beschränkung der Schiffahrt in den Küstengewässern mitteilen, wogegen ebensowenig 
etwas eingewendet werden konnte wie gegen die englische Küstensperre. Beide Regie 
rungenhätten übrigens ihre Entschließungen mit demHinweis auf die Minengefahr bekräftigt. 
Das Erscheinen von deutschen See- und Luftfahrzeugen in der Nähe der fran 
zösischen Nord- und Westküste veranlaßte den niederländischen Minister des Auswärtigen 
am 5. Februar 1915 zu einer Note an Deutschland, welche die Pflicht des Kriegführenden 
betont, dafür zu sorgen, daß Verwechslungen vermieden werden, und erklärt, daß für den 
Fall der Schädigung eines Schiffes die Regierung alle ihre Rechte, namentlich auf 
Ersatz für Leben und Eigentum, geltend machen würde. 
Am 4. Februar 1915 wurde der niederländischen Regierung diedeutscheDenkschrift über 
die gegen die britische Handelsmarine geplanten Maßnahmen überreicht (vgl. IV, S. 281). 
Sie erwiderte am 12. Februar 1915 mit einer Denkschrift, die zunächst die gegen die Neu 
tralen erhobene Beschwerde der Duldung von Englands völkerrechtswidrigen Handlungen 
zurückzuweisen bestrebt ist, was die Niederlande angeht, und sodann eine Verwahrung ent 
hält gegen die Erklärung eines großen Teiles der Nordsee als Kriegsgebiet. Letztere Ver 
wahrung ist ähnlich wie die am 16. November 1914 an England gerichtete begründet. 
Schließlich wird, mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Untersuchung nach Flagge 
und Art eines Schiffes vor dessen Zerstörung oder Erbeutung, nochmals erklärt, daß die 
deutsche Regierung im Falle eines Irrtums die Verantwortung tragen müsse. Am 
12. Februar überreichte der deutsche Gesandte Mitteilungen, in denen seine Regierung 
darlegte, daß die vorgängige Untersuchung nicht immer möglich sei, so daß keine Gewähr 
für die Sicherheit der neutralen Schiffahrt gegeben werden könne. Letztere würde noch 
mals vor dem Befahren der bedrohten Gewässer gewarnt. 
Was das Führen neutraler Flaggen durch britische Schiffe anlangt, so ersuchte der 
niederländische Minister den britischen Gesandten zunächst um Aufklärung über die von 
deutscher Seite gemachten Angaben (vgl. IV, S. 281). Am 7. Februar teilte der britische 
Gesandte mit, daß bislang keine Bekanntmachung in diesem Sinne ergangen sei; daß 
jedoch das Führen einer neutralen Flagge durch den Brauch als Kriegslist anerkannt 
sei, freilich unter gewissen Einschränkungen. Der Gesandte erwähnte, daß gemäß dem 
englischen Gesetz von 1894 über die Handelsschiffahrt fremde Kauffahrteischiffe die bri
	        
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