Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

202 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 
„Sie besetzten," nach dem zusammenfassenden Bericht der „Frankfurter Zeitung", „neuer 
lich das Pruthtal sowie die sich um Sadagora gruppierenden Anhöhen, führten eine ge 
waltige Menge von Geschützen heran und verstärkten sich durch Reserven. Da nicht 
beabsichtigt war, den Russen hier Widerstand zu leisten, so ließ man sie auch in 
Sadagora einziehen. Zwischen Sadagora und Czernowitz liegt die kleine Dorf 
gemeinde Zuczka, die sich bis knapp an das linke Pruthufer dehnt. Auf dem halben 
Wege zwischen Czernowitz und Zuczka boten die österreichisch-ungarischen Truppen 
den Russen Halt. Sie setzten sich auf dem rechten Pruthufer fest, wobei sie aber auch 
den Brückenkopf von Zuczka in ihre Front einbezogen, und so die Möglichkeit hatten, 
das Zentrum der russischen Truppen zu überblicken und unter Feuer zu nehmen. Für 
Czernowitz begann nun wieder eine ziemlich bewegte Zeit, da zwischen der Stadt und 
der feindlichen Front ein Abstand von höchstens 1500 Metern lag. Die ersten russi 
schen Angriffe richteten sich frontal gegen den rechten Flügel der österreichisch-ungarischen 
Truppen. Dabei benutzten die Russen mit Vorliebe die Nacht, um sich dem Flusse zu 
nähern und beschossen das Süduser, auch die Stadt Czernowitz, und vor allem die erz- 
bischöfliche Residenz, den Hochsitz der Orthodoxen der Bukowina, ausgiebig mit Artillerie. 
Die russischen Verluste bei diesen gewaltsamen Annäherungsversuchen an den Pruth, 
die immer wieder abgewiesen wurden, waren so hoch, daß sich buchstäblich Berge von 
Leichen bildeten. Einmal trieben berittene Kosaken ihre Pferde in den Fluß und 
meinten, durch rasches Antreiben bald das Südufer erreichen zu können. Der Strom, 
der damals Hochwasser führte, riß aber Scharen der Kosaken in der Strömung mit. 
Maschinengewehrfeuer stob die mit den Wellen kämpfenden Scharen auseinander, ein 
großer Teil der Kosaken fiel im Wasser von den Pferden und ertrank. Die zur Reserve 
bereitstehcnden Sotnien, die das Schicksal ihrer Kameraden vom Nordufer des Pruth 
mit ansahen, waren nicht mehr zu bewegen, den aussichtslosen Versuch zu wiederholen. 
Sie zogen sich rasch vom Ufer zurück, das Feuer unserer Artillerie richtete aber auch 
unter diesen Reserven starke Verheerungen an. Die Kampflust der Russen wurde durch 
solche Vorfälle, die sich öfter ereigneten, stark geschwächt; es ist tatsächlich wahr, daß 
die russischen Offiziere ihre Mannschaften auch hier wie auf dem galizischen Kampfplatz 
durch Maschinengewehrfeuer von hinten anzutreiben suchten. Im ganzen haben die 
Russen vom 10. Mai bis zum 9. Juni 1915 22 Durchbruchsversuche unternommen. 
Als die Frontalangriffe den Russen selber aussichtslos erscheinen mußten, versuchten 
sie eine Flankenumgehung im Westen. An der Grenze der Bukowina und Galiziens 
sollte der Pruthübergang gewonnen werden, worauf dann die über den Strom geworfenen 
Truppen den bei Czernowitz kämpfenden österreichisch-ungarischen Streitkrästen in den 
Rücken gefallen wären. Schon im Oktober 1914 hatten die Russen ein ähnliches Manöver 
angelegt, das damals gelang, weil die schwachen Landsturmabteilungen, die sich fünf 
Wochen lang am Pruth gehalten hatten, nicht die ganze Flußlinie decken konnten. Dies 
mal versuchten die Russen den Durchbruch bei Hlinica, er scheiterte aber unter so ge 
waltigen Verlusten, daß die ganze russische Front dort zurückgenommen werden mußte. 
So war auch das neue Unternehmen der Russen zwischen den beiden Strömen miß 
lungen. Es hat nur dazu geführt, daß die aus Bessarabien herangeführten Verstärkungen 
durch die schweren Verluste stark geschwächt worden sind und daß der Aufmarsch dieser 
Verstärkungen nach Westgalizien, wo sie für die am San versprengten russischen Truppen 
ein festes Rückgrat bilden sollten, nicht nur verzögert, sondern wahrscheinlich ganz un 
möglich gemacht wurde." 
In diesen Kämpfen haben donische Kosaken an der südöstlichen Front in Szypenic 
im Bezirke Kotzman in der Bukowina einen Gedanken, mit dem sich die russische Heeres 
leitung schon vor Monaten in Galizien abgegeben hatte, zur schrecklichen Wirklichkeit
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.