Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

104 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 
Hier, wo als erste Truppe ein Bataillon des 3. Garderegiments zu Fuß einzog, gab es 
noch einen letzten Halt vor den abgebrannten Sanbrücken, die aber durch Kriegsbrücken 
schnell ersetzt waren. 
Nach einer Belagerung von nur vier Tagen war die Festung Przemysl wieder in der 
Hand der Verbündeten. Die Russen hatten vergeblich dieselbe Festung monatelang an 
gegriffen. Obwohl sie Hekatomben von Blutopfern gebracht hatten, war es ihnen nicht 
gelungen, die Festung mit stürmender Hand zu nehmen; sie brachten sie nur durch Aus 
hungerung zu Fall und konnten sich nur neun Wochen hindurch ihres Besitzes erfreuen. 
Eine energische und kühne Führung hatte, unterstützt von den heldenhaft fechtenden 
Truppen und der vorzüglichen schweren Artillerie, wiederum in kürzester Zeit eine große 
Festung zu Fall gebracht. 
9. Juni 1915. 
Die Stadt Przemysl mit ihren etwa 50 000 Einwohnern liegt zu beiden Seiten des 
San. Fünf bis sieben Kilometer von der Stadt entfernt sind die Hauptbesestigungen 
angelegt, die eine Gesamtausdehnung von rund fünfzig Kilometern haben. Die Be 
festigungen bestehen aus kleineren und größeren Forts, die untereinander durch Schützen 
gräben, Schanzen und sonstige Erdwerke verbunden sind. Die Forts sind mächtige, von 
tiefen ,Gräben umgebene Erdwerke mit zahlreichen betonierten Unterständen und ge 
mauerten Kasematten. Breite, meist in zweifacher Reihe angelegte Drahthindernisse sperren 
nach allen Seiten den Zugang zu den Befestigungsanlagen. Für den Angriff der ver 
stärkten bayerischen Division wurden drei Forts der Nordfront samt den dazwischen 
gelegenen Befestigungsanlagen bestimmt. Das heißt, es sollte in den großen Umzug der 
Festung ein Loch gebohrt werden von einer Breite, die etwas mehr als den zwanzigsten 
Teil des befestigten Gesamtumzuges der Festung darstellt. Dies gelang am 31. Mai 
durch die Erstürmung der Forts X», IX» und XI samt Zwischenlinien. Bis zum Abend 
des 2. Juni hatte sich durch die Wegnahme der Forts XI und XII und Kapitulation der 
Werke Xb und IXa die durchbrochene Linie zu einer Breite von acht Kilometern erwei 
tert, d. h. die ganze Nordfront, etwa der sechste Teil der gesamten Befestigungen, war 
im Besitze des Angreifers. 
Die Besichtigung der erstürmten Forts der Nordfront legte zunächst Zeugnis ab von 
der erschütternden Wirkung unserer schwersten Geschütze. Betonklötze von drei Meter 
Stärke sind geborsten und abgesplittert gleich zerstörten Sandburgen. Die Trichter der 
42-Zmtimetergeschosse weisen eine Tiefe bis zu acht und eine Breite bis zu 15 Metern 
auf. Auch die moralische Wirkung dieser Geschosse war eine derartige, daß die Russen 
an mehreren Stellen selbst die Drahtnetze durchschnitten, um sich aus ihrer unerträglichen 
Lage zu befreien und dem stürmenden Feinde zu ergeben. 
Von der Erstürmung'.und vom Einzug der Verbündeten 
Schon am 16. Mai 1915 hatte das 10. Korps, das von Südost herangerückt war und, 
wie die von Westen sich nähernde Kavallerietruppendiviston Berndt, die ausgedehnten nur 
schwach besetzten Vorstellungen nehmen konnte, zum Angriff angesetzt. Trotzdem zur artille 
ristischen Vorbereitung nur Feldgeschütze zur Verwendung kommen konnten, drangen die 
Unsrigen doch in einem Zuge, trotz wütender Gegenwehr der Russen, bis an den Rand der 
Hinderniszone des südwestlichen Abschnittes und namentlich des Werkes Pralkovce vor. 
Von hier ab ging es aber nicht weiter, da zur Zerstörung der soliden Hindernisse und 
betonierten Werke die Feldartillerie nicht ausreichte. Inzwischen war in Przemysl ein 
Befehl des Oberbefehlshabers Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch eingetroffen, nach dem 
die Besatzung die Festung bis zum äußersten zu verteidigen habe, und in dem das Ein 
treffen bedeutender Kräfte zur Verstärkung der Besatzung angekündigt wurde.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.