Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der oberen Weichsel u. der Reichsgrenze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 187 
des Herrenhauses, in dem der Stab arbeitete, klirrten. Um 5 Uhr morgens war 
die Höhe 264 genommen, die Garde stürmte das Schloß, sieben Minuten später kam 
die Kunde „Der Bahnhof ist besetzt, die Russen fliehen". Sofort brachen wir auf. An 
russischen Gefangenen, vorwärts ziehenden Kolonnen vorbei geht es über das Schlacht 
feld. Schon werden die zerstörten Telegraphenleitungen wieder hergestellt. Auf allen 
gegen Jaroslau führenden Straßen schieben sich dunkle Massen vorwärts, Infanterie, 
in neue Stellungen eilende Artillerie, Verpflegungstrain, Munitionsstaffeln. Auf den 
Feldern die Spuren der Schlacht. Zwischen Geschoßtrichtern Tote. Vor uns Jaroslau. 
Eine hohe Rauchsäule: Die von den Russen vor einer Stunde in Brand gesetzte San- 
brücke. Vom jenseitigen Ufer schießt feindliche Artillerie herüber. Immer näher kommt 
die Stadt. Zur Rechten die Höhe 264. Entsetzlich hat hier unsere Artillerie gewirkt. 
Haufen russischer Leichen, manche arg zugerichtet, liegen in den eingestürzten, zerschossenen 
Gräben. In einem Telephonstand, in den eine Granate fuhr, zwei tote Offiziere. Der 
Meierhof und ein Ziegeleigebäude sind schwelende Trümmerhaufen. Auch das schöne 
Schloß ist nur noch eine kahle Ruine. In hohen Baumkronen hängen Ueberrcste von 
Blechdächern. Der Park ist zerstampft. Drei Schützenlinien ziehen sich von den 
Beeten des Herrensitzes zu den zusammengebrochenen roten Fassaden der Fabrikanlagen. 
Hinter dem aus der Erde gerissenen Drahtwerk herrscht ein wildes Chaos. Die Garde 
rannte in wildem Anlauf alles über den Haufen. Zerbrochene Gewehre zeugen von 
blutigem Nahkampf. Berge von Munition liegen in grauen Zinkverschlägen herum. 
In einem tiefen Schacht haben die Russen Maschinengewehre, die sie nicht mehr retten 
konnten, kurzerhand versenkt. Viele Bäume sind entwurzelt und gespalten. Manche 
legten sich im Fall quer über Pferdekadaver. Hinter dem Schloß geht die Straße zur 
Stadt, in der schon viel Militär ist. Nach der Garde, die um 6 Uhr von ihr Besitz 
ergriffen, zogen die Eroberer der Höhe 264 ein. Jubelnd wurden die Befreier begrüßt: 
Honvedhusaren und Gardeulanen wurden von jungen Mädchen mit Flieder geschmückt. 
Denn eine schwere Faust hat lange Monate auf der Bevölkerung gelegen. Aufgerissene 
Straßenpflaster, geplünderte Geschäfte, erbrochene Rolläden, die vernichtete Bibliothek 
des Militärkastnos und ein unglaublicher Schmutz in den Straßen erzählen von der 
Russenzeit. Als wir nachmittags die Stadt verließen, begann bereits jenseits des San 
ein neues Jnfanteriegefecht. Die Truppen waren auf Pontons über den Fluß gegangen 
und schickten sich nun zu neuem Sturm an. Auf der Straße von Tarnow flitzte eine 
lange Autokette an uns vorüber. Am ersten Wagen eine gelbe Standarte: Kaiser 
Wilhelm fuhr zu seiner Garde und ihren Waffengenossen." 
An den Kämpfen zur Erzwingung der Sanübergänge waren auch braunschwei 
gische Truppen hervorragend beteiligt (vgl. S. 181), was General v. Emmich ihrem 
Landesherrn, dem Herzog Ernst August, am 18. Mai 1915 mit folgendem Telegramm 
mitteilte: „Eurer Königlichen Hoheit freue ich mich mitteilen zu können, daß das Braun 
schweigische Infanterieregiment Nr. 92 heute den Uebergang über den hartnäckig ver 
teidigten San erzwungen und damit der 20. Division den Weg über den Fluß geöffnet 
hat. Es war mir eine Freude, in einem Korpsbefehl die glänzende Waffentat zu ehren." 
Worauf der Herzog General v. Emmich dankte und dem mit dem Totenkopf geschmückten 
tapferen Regiment seine Anerkennung aussprach. 
Die Erstürmung von Radymno und die Kämpfe nördlich des San 
vom 23. Mai bis 12. Juni 1915 
Als letzter und durch den Rückhalt [cm der Festung Przemysl stärkster Brückenkopf 
fiel der Armee Mackensen der Brückenkopf von Radymno in die Hände. Ueber die 
erbitterten Kämpfe um diese wichtige Stellung, an denen neben den deutschen Kräften
	        
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