Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

182 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 
linken Heeresflügel der Russen die Transamurgrenzwache zum Einsatz, eine lediglich zum 
Bahnschutz in der Nordmandschurei bestimmte Truppe, an deren Verwendung aus emem 
Kriegsschauplatz man wohl selbst in Rußland kaum jemals gedacht hatte. Noch aber 
hielten die Russen am unteren San den letzten, auf dem westlichen Ufer gelegenen 
Brückenkopf von Radymno. Aufgabe der nächsten Kämpfe mußte es werden, den Feind 
auch von diesem Punkte zu vertreiben. 
Von den Verfolgungskämpsen 
In unaufhaltsamem Vorwärtsdrängen eilten die Truppen der Verbündeten den neuen 
Kämpfen entgegen, die um so schwieriger waren, weil sie nicht selten ohne die Unterstützung 
der schweren Artillerie gegen überlegene Kräfte durchgeführt werden mußten. Von einem 
solchen Kampf, den eine deutsche Division in der Nacht vom 6. aus den 7. Mai 1915 bei 
Wietrzno bestand, weiß die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" nach einem Feldpostbrief 
folgendes zu berichten: „Die Kampflage war folgende: Die Nachbardivision stand auf 
den Höhen nördlich Dukla mit der Front nach Süden, um alles abzufangen, was vom 
Feinde noch aus diesem Karpathenpaß herauskam. Inzwischen hatte der Gegner alle 
verfügbaren Kräfte, darunter eine frische Division aus Gegend Krosno herangeführt 
und die Höhe des Naphthabrunnens nördlich Rowne erreicht. Die verfügbaren Reserven 
— etwa sechs Kompagnien — der Nachbardiviston waren hier angesetzt; lagen aber noch 
Q Uhr abends dem mehrfach überlegenen Feinde gegenüber, ohne vorwärts zu kommen. 
Vor unserer Division lag eine schwere Aufgabe. Schwer sowohl für die Führung 
wie für die Truppe. Zweifelsohne wäre der Gegner am nächsten Tage, nachdem die 
gesamte schwere Artillerie aufgefahren, zurückgeworfen worden, wahrscheinlich un 
geschlagen abgezogen. Aufgabe der Division war es, ihre weittragenden Batterien so 
weit östlich in Stellung zu bringen, daß auch die Stadt und Straße Rymanow — ein 
Rückzugsweg der Russen aus den Karpathen — unter Feuer lag. Hieran hinderte der 
Gegner am Naphthabrunnen. Der Divisionskommandeur entschloß sich daher, mit den 
ihm zur Verfügung gestellten Kompagnien der Nachbardiviston und seiner eigenen In 
fanterie den Feind noch in der Nacht über den Haufen zu werfen. 
Es brach eine Nacht an, die für jeden Beteiligten unvergeßlich sein wird. Bei 
Mondenschein durchwatete die Infanterie die Jasiolka und entwickelte sich im Dorfe 
Rowne zum Angriff. Die Anstrengungen der letzten vier Verfolgungstage, der Marsch 
von über 40 Kilometern an diesem Tage, machten sich bemerkbar. Der einzelne Mann 
schlief ein, wo er zu liegen kam. Doch machte sich auch hier überall deutsche Disziplin 
und deutsche Strammheit geltend. Nachdem der Divisionskommandeur den einzelnen 
Regiments- und Bataillonskommandeuren auseinandergesetzt hatte, um welch hohes Ziel 
es sich handelte, übertrug deren Entschlußkraft sich auf die Truppe, bis auf den letzten 
Mann. Der Feind schien zu ahnen, daß ihm ein Angriff bevorstand. Ein ununterbrochenes 
Artillerie- und Jnfanteriefeuer verzögerte die Entwicklung. 
Um 2 Uhr nachts trat die gesamte Division zum Sturm an. Der Divisionsstab an 
der Spitze des hinter dem linken Flügel folgenden Reservebataillons. Es begann ein 
Ringen Mann gegen Mann. Bajonett und Handgranaten waren die Kampfmittel. 
Ueberall wurde die feindliche erste Linie erstürmt. Aber seine große Ueberlegenheit aus 
nutzend, setzte der Feind an drei verschiedenen Stellen zum Gegenstoß an. An einer 
Stelle raffte ein Regimentsadjutant die letzten verfügbaren Kräfte des Regiments zu 
sammen und schlug, obwohl selbst verwundet, den feindlichen Gegenangriff zurück. An 
anderer Stelle brachte das todesmutige Verhalten eines Unteroffiziers, der alle um ihn 
liegenden Mannschaften mit sich fortriß, den Feind zur Flucht. Das Eiserne Kreuz 
erster Klasse schmückte am nächsten Tage seine Brust.
	        
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