Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

98 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Wiedereroberung von Przemysl 
Kampfraume deutsche Truppen stark vertreten waren, mußten ihren Vormarsch einstellen, 
konnten aber die Stellungen bei Nadworna, Zaleszczycki und Czernowitz trotz einiger 
Verschiebungen zunächst im ganzen festhalten. 
Aus eine Wiedereroberung der Bukowina verzichteten die Russen daraufhin und rich 
teten nun ihre Angriffe mit immer steigender Wucht gegen die eigentlichen Karpathen 
stellungen, wobei sich allmählich drei, freilich nicht genau abzugrenzende Kampfgebiete 
herausbildeten. Bald schien das eine, bald das andere das wichtigste Objekt der russi 
schen Angriffe zu sein, die wie bei der ersten Belagerung von Przemysl mit einer Rück 
sichtslosigkeit gegenüber dem eigenen Menschenmaterial durchgeführt wurden, die alle 
Beobachter in Staunen versetzte. 
Im westlichen Teile der Ostbeskiden vermochten sich die Russen in der breiten Senke 
des Duklapasses auch während der Offensivbewegung der Verbündeten zu halten, da 
sie hier starke sestungsartige Stellungen ausgebaut hatten. Dadurch wurde ihnen später 
auch eine Bedrohung der weiter östlich vorgehenden Verbündeten möglich. Die furchtbare 
Gewalt, mit der die Russen Mitte März zunächst von der Duklasenke aus, die ihnen 
als Einfallstor nach Oberungarn erschien, mit immer neuen Kräften vorstürmten, zwang 
hier die österreichisch-ungarische Heeresleitung zu einer Rückwärtsbewegung. Doch kam 
die russische Offensive im allgemeinen auf der Linie des Ondava-Rückens zum 
Stehen. Auch das nächste Ziel der russischen Angriffe, die Stadt Bartfeld, die als 
Endpunkt der Eisenbahn strategische Bedeutung hat und bei den ersten Einfällen in die 
Karpathen schon vorübergehend in russischen Händen war, konnte nicht erreicht werden. 
Kurz nach der Dukla-Offensive griffen die Russen im karpathischen Waldgebirge 
die deutsche Südarmee an, die das Oportal und wichtige Punkte in dessen Um 
gebung besetzt hielt. Nach erbittertem Ringen brach der Angriff jedoch so gründlich 
zusammen, daß in diesem Teil der Kampffront auf längere Zeit zunächst Ruhe herrschte. 
Im Zusammenhang damit stockte auch die Offensive in Südostgalizien; ebenso mißlangen 
russische Versuche, sich wieder in den Raum zwischen Dnjestr und Pruth einzuschieben. 
Auch der Uzsoker Paß blieb in österreichisch-ungarischem Besitz, obwohl russische 
Truppenteile auf kleinen Gebirgsübergängen ins Tal der Ung eindrangen. Der russische 
Ansturm gegen die Paßhöhe selbst, deren Besitz dem Vorgehen über den Gebirgskamm 
erst ernstere Bedeutung hätte geben können, ist stets abgewiesen worden. 
Die Russen warfen sich nun mit aller Wucht gegen die weit vorgeschobene Mitte der 
k. und k. Karpathenfront im östlichen Teil der Beskiden, die, allen Schwierigkeiten 
trotzend, vierzehn Tage lang standhielt, ehe sie durch die russischen Teilerfolge im westlich 
anschließenden Kampfraum und die Gefährdung ihrer Flanke beim Lupkowpaß zur 
allmählichen Rücknahme der Stellungen gezwungen wurde. 
So lagen die Verhältnisse, als nach der Einnahme von Przemysl durch die Russen 
bedeutende Teile der ehemaligen Belagerungsarmee für die mit unerhörten Menschen 
opfern verbundenen Durchbruchsversuche frei wurden. Auch diesem mit einem riesigen 
Aufwand von Truppen und Munition ins Werk gesetzten. Tag und Nacht ohne Unter 
brechung wütenden Generalsturm wurde in der gewaltigen Osterschlacht Einhalt 
geboten. „Nirgends ist es den Russen geglückt, die Front zu zerreißen," schreibt „Danzers 
Armeezeitung". „Wo sie ein Stück weit vorwärts kamen, sahen sie sich von neuem vor 
befestigten Gräben und Stützpunkten. Ruhig ging in den ungarischen Grenzorten das 
normale Leben seinen Gang, und wenn auch nach Eperjes und Homonna ferner Geschütz 
donner herüberdröhnte, herrschte hier doch nur die eine freudige Gewißheit, die Russen werden 
nicht wiederkommen. Alle Bravour der russischen Soldaten, die sich, bis zum Bauch 
versinkend, durch Schneemauern aufwärts arbeiteten, um den nachfolgenden Sturm 
kolonnen den Weg zu bahnen, alle Verschwendung von Artilleriemunition und vor allem
	        
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