Volltext: Der Völkerkrieg Band 4 (4 / 1916)

Zwischen der Ostsee und der oberen Weichsel 
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des 28. März wurde ein zweiter Steg fertig, der als Schnellbrücke über das inzwischen 
zu Eis gewordene Wasser der Jura hinübergeschoben wurde. Am 29. März 3 Uhr 
morgens, waren die Erkundungen beendet. Um diese Stunde begann der Sturm unter 
Führung des schon bei Memel vortrefflich bewährten Majors v. Nußbaum, dessen aus 
gezeichnetes Bataillon das Zeichen zum Vorgehen auch für die anschließenden Landwehr 
und Landsturmbataillone gab. 
Ueber das Eis des Flusses hinweg stürmten die deutschen Truppen die feindlichen 
Schützenlinien und setzten sich in Besitz der Stadt Tauroggen. Von drei Seiten ange 
griffen, gaben die Russen nach schwersten Verlusten ihren Widerstand auf und flüchteten 
nach Zurücklassen von mehr als fünfzig Toten und 500 Gefangenen in die Wälder, 
Nachdem sie in den vorhergehenden Tagen dieselbe Zahl von Gefangenen in deutscher 
Hand gelassen hatten. So fand der geplante Russeneinfall auf Tilsit ein für die deutschen 
Waffen ruhmvolles Ende. Kein Russe steht mehr auf deutschem Boden. 
Von den Kämpfen im Bereich der Festung Kowno 
Ueber die Operationen der Armee des Generalfeldmarschalls von Hindenburg am 
linken Flügel der Ostfront hat das deutsche Große Hauptquartier eine Reihe von 
Berichten veröffentlicht, deren erster, erschienen am 19. Juni 1915, die Kämpfe im 
Festungsbereich von Kowno schildert. Er lautet: 
Während die dem Oberbefehl des Generaloberst von Mackensen unterstellten deutschen 
und österreichisch-ungarischen Truppen den großen Vorstoß in Galizien vorbereiteten und 
mit glänzendem Erfolg durchführten, hatten die Armeen des Feldmarschalls von Hinden- 
burg die Aufgabe, in dem nördlichen Teil der gewaltigen Kampffront die errungenen 
großen Erfolge zu behaupten und zu erweitern. Durch die unmittelbare Bedrohung 
Warschaus haben feine Truppen den Russen jede große Offensive verleidet, in den 
Masurischen Winterschlachten haben sie mit äußerster Anspannung der Kräfte das deutsche 
Land rein gefegt. Man muß in den schönen Frühsommertagen des Jahres 1915 durch 
die ostpreußischen Grenzmarken gefahren fein, muß die wogenden Kornfelder rings um die 
traurigen Wahrzeichen russischer Zerstörungswut gesehen haben, um ganz die Bedeutung 
jener großen Befreiungstaten mitempfinden zu können. 
Aber die Truppen des Generalfeldmarschalls durften und wollten nicht auf ihren 
Lorbeeren ruhen, so leicht gaben auch die zähen Russen ihren Ostpreußen-Hunger nicht 
auf. Unter Ausnutzung ihrer Menschenfülle versuchten sie zwar keine allgemeine Offen 
sive, doch immer neue Einzelvorstöße aus ihrer Verteidigungsstellung heraus. Sie 
hielten die Festungslinie am Narew, Bobr und Njemen und schickten Angriffskolonnen 
namentlich aus Grodno und Kowno vor. Die Lust dazu ist ihnen mittlerweile vergangen. 
Die deutschen Truppen haben nicht nur alle Vorstöße blutig abgewiesen und sich in der 
Linie nördlich Prasznhsz—Augustow—Suwalki—Kalvarja—Mariampol bis Saper- 
shischki am Njemen hinauf festgesetzt, sondern sind nördlich des Njemen selber mit einer 
überraschenden Offensive weit in Feindesland eingedrungen. Dem kurzen russischen 
Raubzug nach Memel folgte bald der Einfall unserer Truppen in Kurland. Es war, 
als wollte Feldmarschall von Hindenburg der Welt ein Beispiel und Gegenbeispiel zeigen, 
wie die Russen und wie die Deutschen solche Unternehmungen anfassen und ausführen. 
Ueber das Endziel dieser weit ausgreifenden Operation nördlich des Njemen sowie über 
die anderen zurzeit noch im Gange befindlichen Bewegungen größeren Umfanges kann 
naturgemäß vor ihrem Abschluß nichts Näheres gesagt werden. Wohl aber darf man schon 
jetzt die Aufmerksamkeit auf die besondere Art der Kriegführung lenken, die im Nordosten 
auch in Zeiten scheinbarer Ruhe die Führer und ihre Truppen lebhaft beschäftigt. Die 
Weite der Entfernungen, die verhältnismäßig breite Frontausdehnung aller Verbände
	        
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