Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Der Handelskrieg in der Nordsee 
247 
Regierung und namentlich zu ihrer Admiralität eingegangen ist, wie die Cunardlinie. 
Die Reederei hat die Verpflichtung, alle Pläne für Schiffe über 17 Meilen Geschwindig 
keit der Admiralität zunächst zur Prüfung vorzulegen und alle Wünsche, die die 
Admiralität in bezug auf die Einrichtung solcher Schiffe als Hilfskreuzer hat, zu erfüllen. 
Sie hat ferner in ihrem Lagerschuppen in Liverpool das Material zur Ausrüstung der 
Schiffe als Hilfskreuzer auf Lager zu halten. Sie darf weiter alle Schiffe über 17 Meilen 
ohne Zustimmung der Admiralität nicht verschartern. Sie ist verpflichtet, dafür zu 
sorgen, daß alle ihre höheren Angestellten Engländer find, und daß auf ihren Schnell 
dampfern alle Offiziere und mindestens die Hälfte der Mannschaft zur englischen Marine- 
reserve gehören. Kurzum, die Gesellschaft hat ihren technischen Betrieb im engsten Ein 
vernehmen mit der englischen Admiralität zu führen. 
Mit anderenSchiffenderCunardlinie sind also diesebeidenHilfskreuzer sogleich mit Kriegs 
ausbruch in den Besitz der englischen Regierung übergegangen. Wenn die Regierung diese 
Dampfer zeitweilig im New Jorker Dienst der Cunardlinie belassen hat, so hat sie das nur 
getan, weil sie die Schiffe wegen ihrer großen Geschwindigkeit als Transportschiffe für 
eilige Transporte von Kriegsmaterial benutzt hat. So hat allein die „Lusi 
tania" Ansang Februar 1915 Unterseebootsteile, am 26. Februar 7440 Kisten Munition, 
225 Kisten Armee-Ausrüftungsgegenstände und 7000 Schußwaffen und am 4. April 
Geschütze und große Mengen von Gewehren von New Jork nach England transportiert. 
Das Ladungsmanifest der „Lusitania" auf chrer letzten Fahrt enthielt folgende Posten: 
260000 Pfund Walzbronze im Werte von 49565 Dollar, 111762 Pfund Kupfer im Werte 
von 20 995 Dollar, 58 465 Pfund Kupferdraht im Werte von 11000 Dollar, 189 Kolli 
mit Heeresbedarf waren im Werte von 66221 Dollar, 5471 Kisten mit Munition und 
Patronen im Werte von 200023 Dollar. Der Gesamtwert der Ladung war 725000 Dollar. 
Daß die Regierung und die Cunardlinie trotzdem die Dampfer für den Passagierverkehr 
freigegeben hat, ist ein Vorgehen, dessen Folgen nach der deutschen Blockade-Erklärung 
abzusehen waren und für das die Verantwortung ganz allein die englische Regierung und 
die Cunardlinie trifft. Um so mehr, als sie zum mindesten die Pflicht gehabt hätten, den 
wahren Charakter dieser Schiffe als Hilfskreuzer der englischen Marine nicht zu ver 
schleiern, sondern die Passagiere, die das Schiff benutzen wollten, auf die mit der 
Benutzung verbundene Gefahr aufmerksam zu machen. Uebrigens war dieser eigentliche 
Charakter der Schiffe als Hilfskreuzer so bekannt, daß man sich wundern muß, daß 
neutrale Passagiere die „Lusitania" zur Ueberfahrt benutzt haben sollen, besonders da am 
gleichen Tage mit der „Lusitania" von New Jork ein neutraler Dampfer, nämlich die 
„Rotterdam" der Holland-Ämerika-Linie, abgegangen ist. Unter heutigen Verhältnissen 
sind nicht nur die Schnelldampfer der Cunardlinie, sondern alle großen transatlantischen 
Passagierdampfer der englischen Flagge als Hilfskreuzer anzusehen, da die englische 
Regierung vor dem Krieg systematisch mit den Vorbereitungen zur Einrichtung dieser 
Passagierdampser als Hilfskreuzer vorgegangen ist und dies auch öffentlich bekannt 
gegeben hat. Beispielsweise haben auch die ^-Dampfer der Royal Mail schon im 
Frieden alle Vorkehrungen erhalten, die notwendig sind, um die Schiffe im Kriegsfälle 
zu armieren und als Hilfskreuzer zu verwenden. In den neutralen Ländern kann man 
dieser Tatsache nicht genug Aufmerksamkeit schenken." 
Wie ruhig und sachlich denkende Neutrale über die Versenkung der „Lusitania" und die 
Maßnahmen Englands dachten, kommt vorzüglich in einem Artikel zum Ausdruck, der 
unter dem Titel „Die Kriegsgesetze" im Stockholmer „Aftonbladet" erschien. Es heißt 
darin: „Das Wesen des Massenkrieges bewirkt einen äußerst harten Druck auf die 
Neutralen, nicht nur in der Gestalt der Versuchung, die Augenblickslage einer krieg 
führenden Macht zum eigenen Landerwerb auszunützen, der Italien zum Opfer
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.