Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

242 Der Seekrieg bis zur Torpedierung der „Lusitania" 
aufmerksam gemacht. Die englische Presse hat damals diese Warnung verspottet, unter 
Hinweis auf den Schutz, den die britische Flotte dem transatlantischen Verkehr sichere. 
15. Mai 1915. 
Amtliche deutsche Meldung: Aus dem Bericht des Unterseeboots, das die „Lusitania" 
zum Sinken gebracht hat, ergibt sich folgender Sachverhalt: Das Boot sichtete den 
Dampfer, der keine Flagge führte, am 7. Mai, 2.20 Uhr MEZ. nachmittags, an der 
Südküste Irlands bei schönem klarem Wetter. Um 3.10 Uhr gab es einen Torpedoschuß 
auf die „Lusitania" ab, die an der Steuerbordseite in der Höhe der Kommandobrücke 
getroffen wurde. Der Detonation des Torpedos folgte unmittelbar eine weitere 
Explosion von ungemein starker Wirkung. Das Schiss legte sich schnell nach Steuerbord 
über und begann zu sinken. Die zweite Explosion muß auf eine Entzündung der in dem 
Schiss befindlichen Munitionsmengen zurückgeführt werden. 
* * * 
Die Versenkung des stolzen englischen Ozeanriesen, der mit seinen 45 000 Tonnen 
Wasserverdrängung und 31500 Bruttoregistertonnen eines der gewaltigsten Fahrzeuge 
der britischen Handelsmarine war, und als erstes Schiff beim Auslaufen aus Liver 
pool mit der Hissung des Sternenbanners den Flaggenmißbrauch beging, bedeutete den 
schwersten Schlag, der die Handelsflotte der größten Seemacht der Welt treffen konnte. 
Die Erregung war ungeheuer. Aus London und Washington wurde übereinstimmend 
berichtet, daß die Nachricht von der Torpedierung der „Lusitania", mit der beinahe 
1500 Personen umgekommen sind, wie eine Bombe eingeschlagen habe. 
Noch niemals, so berichtet das Reutersche Bureau, sei in der englischen Kirche eine so 
kräftige Sprache geführt worden, wie am Sonntag nach der Katastrophe der „Lusitania". 
Unter anderen sprach Prediger Campbell im Temple: „Wie lange, o Herr, wird es noch 
dauern, bevor das Höllenreich des preußischen Antichrist, die Festung des Satans, für 
immer vernichtet sein wird?" Die „Times" geben die öffentliche Meinung über die 
Torpedierung wieder und schließen ihren Artikel: „Von Vergeltung kann nicht die Rede 
sein, bevor Deutschland von den Truppen der Verbündeten besetzt ist und diese ihren 
Einzug in Berlin gehalten haben." 
In der französischen Presse entfachte das Ereignis einen Sturm der Ent 
rüstung. Man erblickte in der Versenkung ein neues Verbrechen Deutschlands, das 
dadurch erschwert werde, daß es mit Vorbedacht ausgeführt worden sei. Das beweise die 
Warnung der deutschen Botschaft in Washington, die in zahlreichen amerikanischen 
Blättern erschienen war, und nach englischen Blättern folgenden Wortlaut hatte: 
„Reisende, die sich zu einer Fahrt über den Ozean einschiffen wollen, werden daran 
erinnert, daß zwischen Deutschland und seinen Verbündeten und England und seinen 
Verbündeten Kriegszustand besteht; daß die Kriegszone die den britischen Inseln benach 
barten Gewässer umfaßt, daß gemäß der von der deutschen Regierung ergangenen amt 
lichen Mitteilung Schisse, welche die englische Flagge oder die Flagge eines mit England 
Verbündeten führen, in diesen Gewässern der Zerstörung unterliegen; daß Reisende, die 
in der Kriegszone aus englischen oder verbündeten Schiffen fahren, dies aus ihre eigene 
Gefahr tun. Kaiserlich Deutsche Botschaft, Washington, 22. April 1915." 
Und doch hatte sich gerade die fr anzösisch e Zeitung „Le Temps" über jene ernstgemeinte 
Note lustig gemacht und geschrieben: „Die deutschen Drohungen sind nicht sehr zu 
fürchten. Deutschland will einfach, da es seine Unterseebootsblockade kläglich mißlingen 
sieht, Eindruck auf die Passagiere selbst machen, die begreiflicherweise dem Gefühl der 
Furcht zugänglich sein können. Aber die Deutschen begnügen sich nicht mit der Bekannt 
machung in den Blättern; sie sind auch Meister im Schreiben anonymer Briefe. Eine 
Depesche aus New Jork an die „Daily Mail" teilt mit, daß die Abfahrt der „Lusitania"
	        
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