214 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915
zu zeigen und feiern zu lassen, obwohl es an Gelegenheit nicht gefehlt hat und noch weniger
an Bedürfnis im Volk, ihm zu erkennen zu geben, wie herzlich man ihm zugetan ist....
Der frühere Generalstabschef Moltke hat einmal hervorgehoben, wie furchtbar schwer
dem Kaiser der Entschluß gefallen sei, Krieg führen zu müssen. Es ist das, was
Dryander, der Oberhofprediger des Kaisers in seiner Predigt am kaiserlichen Geburtstag
im Dom zu Berlin das Tragische im Leben des Kaisers genannt hat: daß der fried
liebendste Fürst des friedlichsten Volkes den furchtbarsten Krieg der Weltgeschichte führen
muß. Er mußte es erleben, daß seine Nächsten außerhalb der eigenen Familie, seine
hohen Verwandten an den Höfen in London und Petersburg heute seine Feinde sind.
Seine unablässigen Beziehungen, Freundschaften zu erhalten und seinem Volk durch seine
persönlichen Bemühungen zu den großen Häuptern der Welt den Frieden zu sichern,
haben eine furchtbare Enttäuschung erlitten, die gerade den Menschen in ihm, den auf
richtig glaubenden und ehrlich nach dem Guten strebenden, idealgesinnten Menschen aufs
schwerste treffen mußte. Aber gerade diese große Tragik seines Lebens hat ihn dem
Herzen des deutschen Volkes am allernächsten gebracht. Das Volk hat ein feines Ge
fühl für das Menschliche, und nichts ist menschlicher als Leiden und schweres Erleben.
Nichts verbindet aber auch mehr. Was der Kaiser an hohen Freundschaften verlor und
an Erwartungen im Ausland hingeben mußte, das hat ihm inzwischen das deutsche Volk
hundert- und tausendfach ersetzt durch Liebe und Vertrauen. Volk und Kaiser sind heute
eins. Er ist der geliebte Führer seines Volkes. Seine frohe Zuversicht, nicht zuletzt
auch der ernste Ton starker religiöser Stimmung, die ihn erfüllt, findet freudigen Wider
hall im Volk. Der 27. Januar des Jahres 1915, den der Kaiser mitten im Krieg in
Feindesland in dem gewaltigen Ringen um Existenz und Leben des Reiches begehen
mußte, war trotz allem der glücklichste und schönste Geburtstag seines Lebens. Sein
Volk steht heut wie ein Mann zu ihm. Er mag fordern, was er will für das Vater
land, das Volk wird es ihm geben . .
Von dm feindlichen Staatsoberhäuptem
und Heerführern
Personalien
23. Januar 1915.
Präsident Poincars empfing den russischen General Iussupowo, der sich ins
Hauptquartier begibt, um dem Generalissimus Jofsre die Insignien des ihm vom Zar
verliehenen Militärordens des Heiligen Georg zu überreichen.
19. Februar.
Die französische Regierung beschloß, dem Marschall French die Militärmedaille zu
verleihen. Der frühere Vizepräsident des obersten Kriegsgerichts, General La Croix,
wurde beauftragt, dem Kommandanten der englischen Armee diese höchste Auszeichnung
zu überbringen. Feldmarschall French und König Albert von Belgien sind die einzigen
Ausländer, die auf diese Weise ausgezeichnet wurden.
General Eydoux, der in der Schlacht an der Marne ein Armeekorps führte, er
hielt jetzt das Kommando über das befestigte Lager von Dünkirchen. Die Befestigungen
sind unter der Leitung der Generale Bidon und Planty beendet worden.
22. Februar 1915.
Der englische Brigadegeneral im Generalstab der 1. Armee, I. E. Gough, starb
infolge einer Verwundung, die er bei einer Inspektion der Gräben am 20. Februar 1915
erhalten hatte.