204 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915
Verständnis gebaute Offiziers-Latrine. Zu deren Neubau und zur Heranschaffung
von Baumaterial waren allerdings einige unserer Leute „gezwungen", auf kurze Zeit „die
Schützengräben zu räumen". Das „explodierte Munitionsdepot" hat lediglich in wenigen,
nach heftigem Artilleriefeuer aus ein und dieselbe Stelle zerstörten Ladestreifen mit Pa
tronen bestanden."
Am 16. Februar 1915 und an den folgenden Tagen unternahmen die Franzosen im Ab
schnitt nordöstlich von Reims mehrere Vorstöße, deren Erfolglosigkeit aus den amtlichen
deutschen Berichten bekannt ist (vgl. die deutsche Meldung vom 17. Februar, S. 7).
Joffre benutzte diese Gelegenheit, um besondere Erfolge für die Franzosen festzustellen.
Dazu schreibt ein Mitkämpfer in einem dem „Hannoverschen Kurier" zur Verfügung
gestellten Briefe: „Am 16. hatten wir ein Gefecht. Nun lese ich in der Zeitung den amtlichen
französischen Bericht darüber, in dem es heißt: „Im Abschnitt nordöstlich Reims rückten
wir bei Loivre vor." Das ist nicht wahr. Gewiß rückten die Franzosen zunächst vor, sie
haben aber vergessen anzugeben, daß wir die Vorrückenden zu Gefangenen machten und
daß etwa 400 Tote vor unserer Front liegen blieben. Unsere Artillerie hat an dem
Tage auch gut gearbeitet und immer in die französischen Reservekolonnen geschossen.
Sechsmal sind die Franzosen aus ihren Schützengräben gekommen und genau so oft von
uns mit schweren Verlusten zurückgejagt worden."
Aehnlich schreibt ein Heidelberger Universitätsprofessor der „Norddeutschen Allgemeinen
Zeitung": „Wie verlogen die französischen Berichte sind, habe ich jetzt selbst einmal Ge
legenheit gehabt, näher zu prüfen. Im französischen Bericht steht: „daß am 2. Februar
bei Notre-Dame-de-Lorette ein feindlicher Angriff in unserem Artilleriefeuer zusammen
brach". Die Sache spielte sich links von uns ab, wo Bayern sind, die vor einiger
Zeit den Franzosen ein paar Gräben abgenommen hatten. Seitdem haben die Franzosen
eine große Wut und kanonieren immer an den Stellungen der Bayern herum. Am
Morgen des 3. Februar wachten wir in unserem Keller von einer fürchterlichen Kanonade
auf, die wir gleich richtig als „bei den Bayern" diagnostizierten. Unsere Artillerie fing
auch an, kurz, es war ein Höllenlärm. Die Franzosen greifen an, dachten wir, aber
wir erfuhren am nächsten Tage, daß gar nichts erfolgt war.
Auch die ernsthafteren Zeitungen neutraler Länder begannen sich über die Unglaub
würdigkeit französischer amtlicher Meldungen zu beklagen. So hatten schweizerische Zei
tungen auf Grund einer amtlichen französischen Angabe Ende Januar 1915 gemeldet,
daß die vielumstrittene Höhe 425 zwischen Thann und Sennheim wieder im Besitze
der Franzosen sei, nachdem sie zu Beginn des Monats Januar von den Deutschen
erobert worden war. Bald darauf bestätigte aber der Kriegsberichterstatter des „Bund"
als Augenzeuge, daß diese Höhe sich unerschütterlich in den Händen der Deutschen be
findet. Der Berner „Bund" schreibt dazu, daß französische Mißerfolge zu verschweigen
oder zu beschönigen menschlich.begreiflich sei, aber doch nicht dazu führen dürfe, das
Tatsächliche ins Gegenteil zu verkehren.
Von den deutschen Fürsten und Heerführern
Personalien und Kundgebungen
21. Januar 1915.
Kriegsminister und Chef des Generalstabs des Feldheeres v. Falkenhayn wurde unter
Beförderung zum General der Infanterie auf sein Ansuchen von der Stellung als Kriegs
minister enthoben. Generalmajor Wild v. Hohenborn ist unter Beförderung zum
Generalleutnant zum Staats- und Kriegsminister ernannt worden (vgl. III, S. 198).