Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Der flandrische Kriegsschauplatz 
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erste, zweite und dritte Schützengrabenstellung wurde überrannt. Jetzt waren wir in 
der Hauptstellung drin! Hurra, da sind ja Geschütze! Wer hätte das gedacht, daß wir 
heute noch Geschütze erobern würden! Denn sie wurden unser, neun an der Zahl, und 
zwar funkelnagelneue englische Geschütze.... Den Widerstand des Gegners hatten wir 
uns ganz anders vorgestellt und sahen nun zu unserer größten Freude, daß wir nur 
verhältnismäßig geringe Verluste zu beklagen hatten. Unsere Artillerie hatte zu gut vor 
gearbeitet, die Franzmänner und Engländer mürbe zu machen. 
In den eroberten Stellungen sah es toll genug aus. Riesige Trichter hatten unsere 
schweren Geschosse in den Boden gewühlt, Deckungen und Unterstände zerstört und aus 
einandergerissen, und zwischendurch lagen die zerfetzten Körper und Gliedmaßen der Fran 
zosen und Engländer. Doch was sage ich! Es waren nicht nur Weiße, die da in Todes 
grauen erstarrt lagen, nein, auch Schwarze, Braune, Gelbe und Rote fanden wir, ein 
ganzes Völkergemisch, in dem der Tod eine furchtbare Ernte gehalten hatte. Sie alle 
lagen da, stumm, starr, die meisten grauenhaft zerfetzt und zerrissen — sie alle ein Zeichen 
von Englands gemeiner Gesinnung, das die Aermsten einem sicheren Tode entgegen 
geführt hatte. Auch unter den Gefangenen, die wir machten, fanden sich viele Farbige 
vor, die sichtlich froh waren, mit dem Leben davongekommen und in deutsche Gefangen 
schaft geraten zu sein. Wir staunten, denn wir hatten gedacht, nur Engländer uns 
gegenüber zu haben und nun sahen wir, daß wir gegen Angehörige einer ganzen Reihe 
von Völkerschaften gekämpft hatten. Wir hatten gesiegt, und die so heiß ersehnten feind 
lichen Stellungen waren in unseren Besitz gekommen. Jetzt sollten die Kerle kommen, 
um sie wiederzuholen, wir würden sie schon empfangen!" 
Auch hier zeichneten sich die Kanadier durch besondere Tapferkeit aus, wie sich aus 
einem ausführlichen Bericht der „Daily Mail" über den erfolgreichen deutschen Vorstoß 
über den Kanal ergibt: „Man konnte sich nichts Schneidigeres denken, als den ersten und 
endgültigen Erfolg der Deutschen bei der Ueberquerung des Kanals. Hinter der Wolke 
von grau-grünem Rauch, der die Gräben vor ihnen leerte und die Franzosen verwirrte, 
trugen sie fertige Brücken von 25 bis 30 Fuß Länge herbei. Mit bewundernswertem 
Mut brachten sie, trotz der Zerstörung der ersten Brücke, zwei Reservebrücken in Stellung 
und überschritten schließlich den Kanal, besetzten Lizerne und mehrere Vorpostenstellungen. 
All das geschah links von den Kanadiern, deren Stellung dadurch unhaltbar wurde; sie 
mußten die 4,7er Zoll-Kanonen im Stich lassen. Aber nach vier Stunden kehrten sie wieder 
um und gingen vor. Sie kämpften gegen die unglaublichsten Schwierigkeiten. Sie 
trafen entsetzlich kranke, halb blinde Leute mit zitternden Knien, die von den losgelassenen 
Gasen betäubt waren. Sie waren auf einem gänzlich unverteidigten flachen Gelände 
Schrapnells, Gewehrfeuer und Maschinengewehren preisgegeben. Sie wurden durch alle 
möglichen Mittel getroffen, durch Bajonette, Gase, durch Metallstücke in jeder Form 
und Größe. Aber sie schlugen tapfer drauf ein ... 
Es scheint, daß die Deutschen zu viel Vertrauen in ihre Mittel setzten. Sie wußten, 
daß ein gewaltiges Aufgebot von Artillerie hinter ihnen stand, daß ihre Ingenieure und 
Chemiker eine Menge neuer Erfindungen ausgeheckt hatten, daß frische Truppen mit den 
ermüdeten vermischt waren. Bei ihrem Vormarsch hatten sie so gut wie gar keine Ver 
luste erlitten und einen Feind zersprengt, der durch die Gase verwirrt und in den künst 
lichen Wolken um seine Sinne gekommen war. Niemals waren deutsche Kriegslist und 
Taktik erfolgreicher gewesen. Aber gerade die Siegessicherheit der Deutschen hals den 
Kanadiern den Angriff durchzuführen und die kostbaren Geschütze zurückzugewinnen. 
Als der deutsche Angriff erfolgte, war den Franzosen nichts übrig geblieben, als 
zurückzugehen. Die betäubenden Gase bewegten sich über die feuchte, ungewöhnlich flache 
Ebene gleich Zigarrendämpfen, die über ein Tischtuch streichen. Viele Leute, die von
	        
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