Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

150 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
unterbrochen wurde, ohne daß die allgemeine Lage eine wesentliche Aenderung erfuhr. Von 
der Nordsee folgten die beiderseitigen Stellungen bis Steenstraate (acht Kilometer nördlich 
von Ipern) im allgemeinen dem Lauf des Iserkanals, dessen westliches Ufer zwischen 
der See und Dixmuiden an zahlreichen Stellen, zwischen Dixmuiden und Ipern nur 
bei Drie Grachten von unseren Truppen gewonnen worden war. Zwischen Steenstraate 
und Oosthoek (4 Kilometer südlich Ipern) sprang die Stellung des Gegners keilförmig über 
den Kanalabschnitt nach Osten bis zur Straße Passchendaele—Becelaere vor und um 
schloß in weitem Bogen ein Gebiet, dessen Hauptverbindungen konzentrisch in Ipern 
zusammenlaufen. Im einzelnen erstreckte sich die Linie des Gegners von Steen 
straate nach Osten über Langemarck bis Poelcapelle, das in deutschem Besitz war, 
nahm westlich dieses Dorfes eine südöstliche Richtung und bog zwischen Wallemolen und 
Passchendaele nach Süden um; weiter folgte sie der Straße Mosselmart—Broodseinde 
—Becelaere, von der sie sich 2 Kilometer südöstlich Zonnebeke nach Südosten wandte, um bei 
Oosthoek auf das Westufer des Kanals zurückzutreten. Dieser von den Franzosen, Eng 
ländern und Kolonialtruppen jeder Färbung besetzten Linie lagen die deutschen Stellungen 
in wechselndem Abstand, im allgemeinen aber sehr nahe, gegenüber. 
Das von ihnen umschlossene Gebiet ist, wie die ganze westflandrische Ebene, von 
flachen Erhebungen und Mulden durchsetzt und mit zahlreichen weitläufigen Ortschaften, 
Einzelhöfen, Waldstücken, Parks und Hecken so dicht bedeckt, daß die Unübersichtlichkeit 
des Geländes die Truppensührung und einheitliche Gefechtsleitung schwierig gestaltete. 
Artilleriebeobachtung ist meist nur von erhöhten Punkten, Kirchtürmen, Windmühlen 
und ähnlichem möglich, aber auch hier beschränkt die dichte Bodenbewachsung und die 
feuchte, silbergraue Luft, die die Fernen verschleiert, die Aussicht. Diese Schwierigkeiten 
des Geländes sind zum Teil der Grund, daß sich der Gegner monatelang in der taktisch 
ungünstigen Stellung, aus der er jetzt geworfen ist, behaupten und der im April be 
gonnenen deutschen Offensive einen nachhaltigen, nur langsam weichenden Widerstand 
bieten konnte. Es lag seit langem in der Absicht des deutschen Armeeführers, die taktisch 
ungünstige Lage des Gegners zum Angriff östlich Ipern auszunutzen. Die Zurückdrängung 
des Gegners aus seiner vorspringenden Stellung gegen oder über den Iserabschnitt 
würde die Frontbreite der Armee verringern und den noch in Feindeshand befindlichen 
Teil Belgiens verkleinern. Auch die moralische Wirkung eines groß angelegten Angriffs 
auf die Truppen mußte nach dem langen Stellungskampf von Bedeutung sein. 
Die Armee Sr. Königl. Hoheit des Herzogs Albrecht von Württemberg, die an der 
Iser liegt, konnte an die Verwirklichung dieser Absicht aber erst gehen, nachdem sie über 
die ihr so nötigen Kräfte verfügte. - Der von Norden, Osten und Süden umfaßte Gegner 
konnte auf die Dauer einem mit ausreichenden Kräften geführten Angriff nicht wider 
stehen, die deutschen Truppen standen im Norden und Süden von Ipern den dortigen 
Iserübergängen näher als die am weitesten nach Osten vorgeschobenen Teile des Feindes. 
Aus dieser Lage ergab sich die Art der Durchführung des Angriffs. Der Hauptangriff 
mußte nach der Basis der feindlichen Stellung, die der Iserkanal bildete, angesetzt werden, 
um den Ausgang des Sackes, in dem sich der Gegner östlich Ipern befand, allmählich zu 
zuschnüren und damit die rückwärtigen Verbindungen zu bedrohen. Da die deutschen 
Stellungen südlich Ipern bereits auf vier Kilometer gegen die Stadt vorgeschobenem Norden 
aber um die doppelte Entfernung von hier entfernt waren, schien der Angriff aus dieser 
Richtung geboten. Es war anzustreben, daß der Gegner im östlichen Teil des Sackes 
möglichst lange festgehalten wurde. Der Hauptangriff durfte daher nicht zu weit nach 
Osten ausgedehnt werden, während den übrigen Teilen der Einschließungssront die Auf 
gabe zufiel, den gegenüberstehenden Gegner zu fesseln. Diese Gedanken leiteten die am 
22. April 1915 beginnende Offensive.
	        
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