Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

120 Die Ereignisse an der Westfront von Mitte Januar bis Mai 1915 
Bis zum 19. Februar zog sich die deutsche Stellung im Norden von Münster über 
Haslach—Genesungsheim—Frauenackerkopf, dann im weiten Bogen zum Lingekopf, 
während sie südlich des Ortes über den Obersolberg und Kleinbelchen verlief. Das Tal 
zwischen Münster und dem 1 Kilometer nordwestlich gelegenen Stoßweier trennte den 
Angriffsraum in zwei natürliche Abschnitte. Es war anzunehmen, daß der lang hin 
gestreckte, das Tal abschließende Ort Stoßweier von den Franzosen hartnäckig verteidigt 
werden würde, eine Voraussetzung, die Gefangene nachträglich bestätigten. Es wurde 
daher beschlossen, den Angriff über die Berge seitlich der Straße so vorzutragen, daß 
Stoßweier, von beiden Seiten umfaßt, geräumt werden mußte. 
Den Kämpfen bei Münster waren deutsche Angriffe im Gebweiler Tale voraus 
gegangen, durch die der Gegner mehrere Kilometer zurückgedrängt worden war. Von 
dort her erfolgte der Anmarsch gegen das obere Fechttal, der sich infolge der verschneiten 
Höhen, die sich über 1100 Meter erheben, und über die Schneeschuhtruppen Wege ge 
bahnt hatten, sehr schwierig gestaltete. 
In den frühen Stunden des 19. Februar begann der Angriff auf der ganzen Linie; 
Bayern und Württemberger trugen ihn vor. Bereits im Lauf des Vormittags nahm 
württembergische Landwehr die Vorberge dicht westlich Münster und den Kleinen Hörnles- 
kopf. Indessen gewannen die Truppen des südlichen Abschnitts im Fechttal nur langsam 
Raum an den Hängen des Reichacker- und Sattelkopfes. Besonders schwere Kämpfe 
entwickelten sich im nördlichen Abschnitt, aus dem Barrenkopf und Kleinkops wie natür 
liche Festungen hervorragen. Ein bayerisches Regiment und württembergische Landwehr- 
haben hier Außerordentliches geleistet; die Bayern waren junge Truppen, die hier ihre 
Feuertaufe erhielten, die aber eine Ausdauer und Unerschrockenheit bewiesen, wie die 
ältesten kampferprobten Bataillone. Den Spaten in einer Hand, das Gewehr in der 
anderen, Eisstollen an den Füßen, krochen sie die fast senkrechten, glatten Hänge hinan, 
von der Höhe und von Baumschützen überall umlauert und beschossen. Fünfmal er 
klommen die Tapferen die steilen Höhen und fünfmal wurden sie von dem übermächtigen 
Feuer des Gegners zur Umkehr gezwungen. Aber immer wieder sammelten sie sich auf 
der Straße, die im halben Hang eingeschnitten einige Deckung bot und wo sie in ihre 
Mäntel gehüllt, eine bange Nacht verbrachten. Am zweiten Tage, dem 20. Februar, 
gab der sechste Ansturm den blutig erkauften Kamm in ihre Hände. Die Reihen der 
Führer und der Mannschaften waren lichter geworden; ein Bataillonskommandeur, der 
seinen Leuten vorausstürmte, fiel, als er eine Handgranate in die französische Stellung 
warf. In ihr und hinter ihr am jenseitigen Hang war die weiße Erde mit den dunklen 
Gestalten gefallener Alpenjäger besät; nur wenige entgingen dem Tod durch Flucht. 
Sie sind in den französischen Alpen zu Hause und der Gebirgskrieg ist ihr eigentliches 
Element; jeder einzelne ist ein Scharfschütze. Bei diesen ausgezeichneten Eigenschaften 
des gefährlichen Gegners sind die Leistungen unserer jungen Angriffstruppen, die nicht 
aus den Bergen stammen, ganz besonders bemerkenswert. Fünf Tage und fünf Nächte 
lagen sie unter freiem Himmel in den verschneiten Gefechtsstellungen und lebten von 
dem Brot und den Konserven, die sie mitgenommen hatten. Erst am 23. Februar war 
die Lage vollkommen geklärt und die ganze Stellung in deutschen Händen. 
Eigentümlich hatte sich die Lage bei dem Dorfe Stoßweier entwickelt. Als der Gegner 
am 21., dem dritten Gefechtstage, den Ort noch nicht geräumt hatte, wurde beschlossen, 
ihn im Sturm zu nehmen. Bayerische Kavallerie, württembergische Landwehr und 
badischer Landsturm gingen im Tal gegen die schmale Ostfront des Dorfes vor, das sie 
im erbitterten Nahkampf von Haus zu Haus nahmen. Die Lage des siegreichen De 
tachements gestaltete sich indessen recht schwierig, da der hartnäckige Gegner das un 
mittelbar westlich angrenzende Dorf Kilbel und die südlich und nördlich ansteigenden
	        
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