D i e Kämpfe zwischen Maas und Mosel
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vordersten nicht aus den Gräben herausbringen. Aber trotz allem muß man ihnen einen
opferwilligen Schneid zugestehen. Andererseits können wir ruhig zugeben, daß in der
listigen Gefechtsart des Schützengrabenkampfes mit Feuer von den Bäumen, Hand
granatenwerfen usw. unsere Leute zuerst etwas weniger fix waren; sie haben es aber
bald herausgefunden, und mit Handgranaten umgehen wie mit Schneebällen hatten sie
bald los.
Bisher konnte man jeweils vierzehntägige Perioden feststellen, innerhalb welcher sie
gegen die einzelnen Abschnitte ansetzten. Zwei Tage dauerte gewöhnlich der Kampf,
beginnend mit Artillerieseuer auf die Gräben, Sprengung, Sturm, Gegenstoß von uns,
Artilleriekampf. So war es hier am 16. Februar, 1. März, 15. März, doch jetzt auf
einmal tobt der Kampf seit dem 30. März ununterbrochen schon neun Tage, Tag und
Nacht, und nicht nur von der Mosel bis Saint-Mihiel, sondern von dort auch der ganzen
Cöte-Lorraine entlang bis Verdun hinauf, so daß man wohl mit Recht von einer großen
französischen Frühjahrsoffensive sprechen kann. Aber alle Angriffe sind abgeschlagen
worden, unter großen Verlusten für die Franzosen, und sollten sie mit neuen Ver
stärkungen kommen, so legen wir sie zu den andern."
Das ist das Ergebnis der mit so tönenden Fanfaren eingeleiteten Offensive. Sie fiel
zeitlich zusammen mit dem Versuch der Russen, den Widerstand der Verbündeten in
den Karpathen zu überrennen. Auf beiden Seiten sind unsere Gegner ohne Erfolg ge
blieben. Im Osten wie im Westen steht die deutsche Front unerschüttert da.
Episoden
Er geht auf Patroull'!
Der Kriegsberichterstatter der „Neuen Zürcher Zeitung", Oberst Karl Müller, erzählt
in einem seiner Berichte aus dem lothringischen Kampfgebiet ein lustiges Geschichtchen,
das sich bei einer der vordersten deutschen Feldwachen abspielte. Der seldwachthabende
Offizier hatte seine Leute in der Nähe eines alten französischen Schlosses untergebracht,
das von den Franzosen eifrig beschossen wurde. Ein Rittmeister besichtigte nun eben
die Feldwachen und Unteroffiziersposten, da wurde ihm gemeldet, daß soeben ein In
fanterist gegen das nächste, in der französischen Vorpostenstellung liegende Dorf vor
gegangen sei und angegeben habe, er gehöre zu einer Patrouille, die den Auftrag habe,
auszukundschaften, ob das Dorf von den Franzosen besetzt sei. „Das ist ja toller Un
sinn!" ruft der Rittmeister, „am hellichten Tage über das fast offene Gelände eine
Patrouille in das Dorf hineinzuschicken; die wird ja todsicher abgeschossen!" Und rasch
entschlossen schickt er einige flinke Reiter ab, um die unvorsichtige „Patrouille" zurück
zuholen. Die bringen den Infanteristen bald, einen biederen bayrischen Landwehrmann.
„Was wollten Sie da vorne?" fragte ihn der Rittmeister.
„Herr Leitnant" — im Feldgrau sind die Gradabzeichen schwer kenntlich! — „Herr
Leitnant, ich wollt' auf Patroull' geh'n und nachschau'n, ob der Ort von den Franzosen
besetzt sei, und seh'n, ob nix zu machen wär', daß ich einige Franzosen abschießen
könnt'."
Der Rittmeister: „Wer hat Ihnen den Befehl gegeben?"
Der Landwehrmann (der unterdessen gewahr geworden, daß er sich wohl im Grade
geirrt): „Herr Oberleitnant, ich bin halt eben auf Patroull' g'wesen."
Der Rittmeister: „Wer hat Ihnen den Befehl gegeben?"
Der Landwehrmann: „Den Befehl? Herr Oberleitnant, just eigentlich niemand, ich
bin halt eben auf Patroull' 'gangen."
Der Rittmeister: „Wissen Sie nicht, daß der Soldat nur auf Befehl auf Patroull'
geht?"