Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

294 Der Krieg in den deutschen Schutzgebieten bis Mitte Februar 1915 
Die Wirkung aber davon, daß jetzt vor den Augen der Eingeborenen Weiße gegen 
Weiße und unter ihnen Schwarze gegen Weiße kämpfen müssen, wird in Zukunft dem 
Kolonisationswerk jedes europäischen Volkes in Afrika verhängnisvoll werden. 
In voller Würdigung solcher Gefahr hat die Kongoakte durch den Artikel 11 den 
Garantiemächten, also auch England und Frankreich, die Verpflichtung auferlegt, darauf 
Verzicht zu leisten, ihre Feindseligkeiten auf die durch die Akte neutralisierten Gebiete 
zu erstrecken oder dieselben als Basis für kriegerische Operationen zu benutzen. Die 
Kongoakte beginnt mit den Worten: „Im Namen des Allmächtigen Gottes." Noch im 
Jahre 1903 hat die britische Regierung unter Berufung auf die Kongoakte, nach beinahe 
einstimmiger Annahme einer Resolution durch das Unterhaus, gegen die Verletzung der 
Akte durch den Kongostaat protestiert und einen Appell an alle Signatarmächte der Akte 
gerichtet, um Maßregeln zur Abstellung der Mißstände zu ergreifen, und heute scheut 
sich dasselbe England mit seinem verbündeten Frankreich nicht, sich selbst in weit schlim 
merer Weise über grundlegende Bestimmungen der Akte hinwegzusetzen und deren posi 
tive Vorschriften, die im Namen des Allmächtigen Gottes erlassen wurden, zu übertreten. 
Der bekannte englische Kolonialpolitiker E. D. Morel hat zu Beginn des Krieges in 
der „African Mail" seine Landsleute gewarnt, durch den Krieg in Afrika das Kultur 
werk „in ein weites Chaos von Ruchlosigkeit zu verwandeln". „Wir bringen unser so 
genanntes Christentum," sagt Morel, „den afrikanischen Heiden, und wir zeigen uns 
selbst barbarischer, blinder, hartherziger als die zurückgebliebensten Völker Afrikas, die 
zu regieren wir auszogen." 
Hierzu kommt, daß unsere Gegner in den deutschen Kolonien mit Maßnahmen von 
sinnlos-brutaler Härte vorgehen. 
So haben die Franzosen die aus Togo und Kamerun nach Französisch-Dahoms über 
führten Deutschen 500 Kilometer weit zu Fuß in das Innere dieser Kolonie verschleppt 
und zwingen sie, unter Aufsicht von Schwarzen, zu körperlicher Arbeit in der Tropen 
sonne täglich sieben Stunden lang. 
In Kamerun haben die Engländer unbewaffnete deutsche Männer, Frauen und Kinder 
von schwarzen Soldaten festnehmen lassen und auf Frachtdampfer gebracht, ohne daß sie 
auch nur die notwendigsten Gebrauchsgegenstände mitnehmen konnten. 
In Südwestasrika haben die Engländer den unverteidigten Ort Lüderitzbucht nach 
friedlicher Uebergabe der Plünderung preisgegeben und die im Privatbesitz befindlichen 
Diamantenfelder beraubt. Die Zivilbevölkerung wurde aus ihren Heimstätten fort 
geschleppt und in südafrikanische Konzentrationslager verbracht. 
Gegen alles Völkerrecht haben die Engländer unverteidigte Küstenplätze wie Kribi, 
Swakopmund und Daressalam beschossen und allenthalben gegen deutsche Missionare 
und deren Angehörige Roheiten empörendster Art verübt. 
Geradezu als ein Verbrechen gegen das sittliche Empfinden unseres Zeitalters muß 
es bezeichnet werden, daß die Engländer seit Beginn des Krieges bis zur Stunde jeden 
Nachrichtenverkehr zwischen der Bevölkerung der afrikanischen Kolonien und ihren An 
gehörigen in der Heimat gewaltsam verhindern. Hierdurch zerreißen sie kalten Blutes 
das zwischen beiden Teilen bestehende Familienband und geben die getrennten Trost- und 
Hoffnungslosen nicht endender Sorge und Qual um das Schicksal ihrer Lieben preis. 
Diese einwandfrei erwiesenen Tatsachen liefern den Beweis, daß Engländer und Fran 
zosen bei ihrem Vorgehen gegen die deutschen Kolonien in Afrika nicht bloß die von 
ihnen selbst garantierten völkerrechtlichen Verpflichtungen mit Füßen getreten, sondern 
auch Handlungen begangen haben, die jeder menschlichen Empfindung zuwiderlaufen. 
Wie in unseren Kolonien, so haben Engländer und Franzosen überall, wo sie deutsche 
wirtschaftliche Unternehmungen in der Welt treffen konnten, Privateigentum beschlag
	        
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