Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Der Krieg in den deutschen 
Schutzgebieten 
Von Anfang November 1914 bis Mitte Februar 1915 
Vergleiche Band II, Seiten 295 — 3 2 0. 
Englands afrikanischer Kolonialkrieg 
Die deutsche Regierung hat in einer Denkschrift (vgl. „Norddeutsche Allge 
meine Zeitung" vom 25. März 1915) das größtenteils dem belgischen Graubuch ent 
nommene Aktenmaterial über die diplomatischen Verhandlungen veröffentlicht, die die 
Neutralisierung des Kongobeckens zum Gegenstand hatten (vgl. II, S. 308). Die Denk 
schrift beweist, daß den Regierungen der verbündeten Staaten allein die Verantwortung 
für die Uebertragung des Kriegszustandes aus die durch die Kongoakte geschützten Ge 
biete zufällt und daß auch die ersten feindseligen Handlungen von ihrer Seite, besonders 
von England, ausgegangen sind. 
Hatte England also die ganze Kulturarbeit in Afrika schon dadurch gefährdet, daß es 
die Eingeborenen überhaupt zu Zeugen eines Vernichtungskampfes zwischen europäischen 
Völkern machte, so hat es diese Gefahr noch in bedenklichem Maße gesteigert durch die 
Brutalität, mit der es diesen Kampf führt. Frankreich hat sich nicht gescheut, mit England 
hierin in der empörendsten Weise zu wetteifern, obwohl es den „Schutz der Zivilisation" 
stets mit besonderem Nachdruck als sein nationales Vorrecht in Anspruch genommen hat. 
Welche Behandlung die deutschen Zivilgefangenen zu erdulden hatten, wurde bereits an 
dem Beispiel der Einnahme von Duala gezeigt (vgl. II, S. 312). Inzwischen haben 
sich die Beschwerden und Proteste säst ins Unübersehbare vermehrt. Missionare, selbst 
amerikanische, wurden vor den Augen der englischen Offiziere von Eingeborenen miß 
handelt; die englischen Offiziere plünderten selbst mit haarsträubender Unverfrorenheit; 
während eines Gefechts wurden Zivilgesangene hinter die feuernden Kanonen gestellt; 
ein Missionar berichtet sogar, die Engländer hätten Kopfpreise auf die Einbringung ge 
flüchteter deutscher Ansiedler ausgesetzt. Der deutsche Gouverneur von Kamerun (vgl. 
S. 309), die Evangelische Misstonsgesellschast in Basel und die deutsche Baptistenmission 
haben lange Berichte über diese Vorfälle und die schimpfliche und gesundheitswidrige 
Behandlung der Gefangenen herausgegeben. Von den Angehörigen der Basler Mission 
befanden sich Ende Februar 1915 nicht weniger als 280 Mitglieder in englischer und 
französischer Gefangenschaft. 
Die Deutsche Kolonialgesellschaft veröffentlicht nachstehenden Protest gegen 
die englische und französische Kriegführung in den Kolonien: 
„Die Deutsche Kolonialgesellschaft erhebt vor der gesamten Kulturwelt Protest gegen 
das unmenschliche, das ganze europäische Kulturwerk in Afrika zerstörende, dem Völker 
recht und bestimmten internationalen Verträgen hohnsprechende Vorgehen der Engländer 
und Franzosen in den deutschen Kolonien. 
Die Ausdehnung des Krieges auf die gegen einen europäischen Angriff nicht geschützten 
deutschen Kolonien Afrikas trägt ausgesprochen den Charakter eines Raubzuges. Ein 
derartiges Vorgehen war in keiner Weise durch das Kriegsinteresse geboten und ist weder 
rechtlich noch sittlich zu rechtfertigen. Die Zerstörung jahrelanger, mühevoller, von einer 
europäischen Nation in Afrika geleisteter Kulturarbeit durch andere europäische Völker 
kann das Ergebnis des Weltkrieges nicht beeinflussen.
	        
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