Der große Vorstoß der Oesterreicher nach Serbien 17
Dadurch ist der Vormarsch wohl erschwert worden, was aber nicht verhinderte, daß der
sich um die Serben schließende Ring immer enger wurde. Durch die Einnahme der Höhen
von Lazarevac waren die Serben zum Rückzug auf die Jasenutschaer Höhen gezwungen, die
nur mehr wenige Kilometer von Arandjelovac liegen. Auch die südöstlich von Val-
jevo vorrückenden Truppen kamen siegreich vorwärts und beherrschten nun die Straße
von M i l a n o v a c.
Die trotz aller Hindernisse in so glänzendem Stile durchgeführten Operationen des
November kosteten dem serbischen Heere fast 20 000 Mann an Kriegsgefangenen. Der
militärische Mitarbeiter der in Moskau erscheinenden „Russija Wjedomosti" äußert sich
über die Leistungen der Oesterreicher wie folgt: „So schmerzlich uns der Zusammenbruch
Serbiens berührt und so sehr wir den Mut der Verzweiflung bewundern, den unsere
serbischen Freunde gegen ihre Ueberwinder entwickeln, können wir letzteren unsere volle
Anerkennung nicht versagen. Was Potiorek im Süden vollbrachte, war nicht die Nieder
wälzung des Gegners mit numerischer Ueberzahl, sondern ein strategisches Meisterwerk,
das in der Kriegsgeschichte vorbildlich sein wird. Sein energisches Vordringen im deut
schen Stile hatte den nachahmenswerten Vorteil, daß es die Menschen nach Möglichkeit
schont. Hätte er einzig den Zweck verfolgt, die von ihm benötigten Positionen zu besetzen,
so hätte er dies Ziel unbedingt schon viel früher erreichen können. Wir sahen seine opfer
mutige Armee täglich ausgedehnte Landesteile besetzen, teils in steilem felsigem Gebiet,
teils in grundlosen Sümpfen. All dies geschah bei großer Kälte und meterhohem Schnee
und im Kampfe mit einer heroischen Armee, die bereits in früheren Feldzügen reiche
Erfahrungen gesammelt und jeden Fußstapfen ihres Heimatbodens schon im Frieden
aufs gründlichste zur Verteidigung hergerichtet hat."
Die Einnahme von Belgrad
Schon am 17. November 1914 wurde aus Wien die Besetzung Belgrads durch die
österreichisch-ungarischen Truppen als bevorstehend angekündigt. Das tags zuvor im
Sturm genommene Obrenovac liege bloß etwa 30 Kilometer von der Hauptstadt
entfernt und eine neu aufgenommene Beschießung des Belgrader Festungsberges leite
den allgemeinen Angriff gegen die Stadt ein. „Az Est" meldete gleichzeitig, daß Prinz
Georg nach Belgrad gekommen sei, um die Verteidigungstruppen anzufeuern, und
Aviatiker berichteten, daß die Bevölkerung Belgrads die Stadt verlasse.
Mit der Eroberung der Zigeunerinsel bei Belgrad durch die österreichisch
ungarischen Truppen wurde die Einnahme der Feste eingeleitet. In Friedenszeiten
gehörte die Insel Oesterreich, das sie aus taktischen Gründen räumte, was die Serben
zur Zeit ihres Einbruchs nach Syrmien ausnützten und sich dort in gut geborgenen
Stellungen einnisteten. Bei der Eroberung der Insel erlitten die Serben, die sich lange
tapfer hielten, große Verluste. Ueber die eigentliche Belagerung Belgrads selbst schreibt
der Kriegsberichterstatter des „Esti Ujsag" am 20. November: „Die österreichischen
Monitore beschießen ununterbrochen die Festung. Tagsüber donnern die Schiffs
geschütze, nachts werfen die Reflektoren ihr Licht auf die Festung, die den Granatenhagel
auch nachts aushalten muß. Man konnte vom Saveufer aus sehen, wie große Gebäude,
starke Mauern einstürzten und das Artilleriedepot in Flammen aufging.
Die Explosion hat das große Gebäude in einen Trümmerhaufen verwandelt und die
ganze Munition vernichtet. Das erschwert die weitere Verteidigung der
Festung. Der Munitionsmangel macht sich auch darin bemerkbar, daß die Besatzung
das Feuer unserer Monitoren nur spärlich erwidert. Die Beschießung hat in Belgrad
eine Panik verursacht." Auch Prinz Georg verließ Ende November die Stadt wieder.
Die eigentliche Einnahme der serbischen Hauptstadt spielte sich in den ersten Dezember-
Völk-rkri-g. IV. 2