252 Rußland während des ersten Kriegshalbjahres
13. Januar 1915.
Die Regierung hat zufolge kaiserlicher Ermächtigung die Schließung sämtlicher
deutschen Schulen in Rußland zum 1. April russischen Stils verfügt.
14. Januar.
Der Generalissimus Nikolai Nikolajewitsch hat sämtlichen reichsdeutschen und öster
reichischen Untertanen im Alter von 17 bis 60 Jahren befohlen, bis zum 28. Januar
folgende Gebiete in Rußland zu verlassen: 1. Livland (außer Rigaschem Kreise),
2. Estland, 3. Gouvernement Petersburg inklusive Residenzstadt, 4. Kreis Nowgorod im
Gouvernement Nowgorod, 5. Gouvernement Wiborg (außer dem östlichen Teil),
6. Gouvernement Nyland, 7. einen Teil von den Gouvernements Tawastehus und
Abo-Börneborg. Die letzten vier Gebiete befinden sich in Finnland. Die Zuwider
handelnden werden dem Kriegsfeldgericht übergeben.
1. Februar.
Die russische Regierung hat die V e r s ch i ck u n g derjenigen deutschen und österreichisch
ungarischen Staatsangehörigen nach dem Gouvernement Tomsk angeordnet, die nicht
bis zum 28. Januar Petersburg verlassen hatten. Deutsche, österreichische und unga
rische Familien, deren Häupter slawischer Nationalität sind, dürfen in Petersburg
bleiben. Deutsche, Oesterreicher und Ungarn, die Finnland nicht verlassen wollen, dür
fen sich bis auf weiteres in den Gouvernements St. Michel und Kuopio niederlassen.
2. Februar.
Der russische Oberkommandierende hat alle deutschen Kolonisten aus dem Gouverne
ment Plotzk ausgewiesen. Sie haben innerhalb sechs Tagen nach den ihnen zur
Ansiedlung bestimmten Orten im Innern Rußlands abzureisen.
16. Februar.
Bereits durch einen Ukas vom 1./14. August 1914 war den Untertanen feindlicher
Staaten der Erwerb von Grundeigentum und jede auf unbewegliches Eigen
tum bezügliche Transaktion verboten worden. Das neue Gesetz über den Grundbesitz von
Untertanen feindlicher Staaten macht dem Besitz, der Pachtung oder Verwaltung von
Land oder unbeweglichem Eigentum durch Reichsdeutsche, Oesterreicher, Ungarn und
Türken im Gouvernement Petersburg, in den Ostseeprovinzen, in Finnland, den West
gebieten Rußlands, dem Dongebiet, Kaukasus- und Amurgebiet ein Ende. Das Gesetz
kann, falls erforderlich, auch auf andere Reichsteile ausgedehnt werden. Eine Ausnahme
wird für diejenigen Untertanen feindlicher Staaten zugelassen, die bei der Geburt oder
bis 1. Januar 1914 orthodox getauft sind, die slawischer Herkunft sind oder die selbst
oder deren Vorfahren oder Nachkommen männlicher Linie als Offiziere oder Freiwillige an
kriegerischen Operationen des russischen Heeres oder der Flotte teilgenommen und Aus
zeichnungen für die Tapferkeit erhalten haben. Allen übrigen deutschen, österreichischen,
ungarischen und türkischen Staatsangehörigen wird für die Veräußerung ihres Grund
besitzes und unbeweglichen Eigentums eine halbjährige Frist bewilligt, nach Ablauf
welcher es öffentlich versteigert wird. Zur Veräußerung des Untertanen feindlicher
Länder durch Erbschaft zufallenden unbeweglichen Eigentums sind zwei Jahre angesetzt.
Nach Ablauf der Frist gelangt es zur öffentlichen Versteigerung. Das Verbot des Er
werbs von Landbesitz und unbeweglichen Eigentums erstreckt sich auch auf deutsche, öster
reichische, ungarische und türkische Gesellschaften, deren Geschäfte in Rußland zugelassen
sind, und ebenso auf Gesellschaften, die auf Grund eines russischen Statuts arbeiten, falls
sich unter ihren Teilnehmern Untertanen feindlicher Staaten befinden.
23. Februar 1915.
Der Senat nahm einen Gesetzentwurf an, wodurch den Untertanen feindlicher Länder
das Recht genommen wird, ihre Interessen durch die russischen Gerichte zu verteidigen.