Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Die zweite Kriegs tagung des russischen Parlaments 243 
jene Strecken wird einholen müssen, die die anderen liefen, während er schlief. Und 
dann wird er, wenn er klug ist, nicht wieder wie jener Zar den Blick nach Westen richten. 
Er wird Rußland nur im Osten des Dnjepr suchen. 
Schmerzhafte Umwälzungen und Wehen werden dieses Rußland erschüttern, bis es 
die Zwiespältigkeit in seiner Seele getilgt haben wird. In einem gesunden Körper stecken 
Knochensplitter, die niemand entfernt, die Siechtum bereiten. Der Leib muß leiden 
und sich im Fieber schütteln, bis er die Totenlade aus eigener Kraft abgestoßen hat. 
Das ist das Bild von Rußland, wie es ist. 
Die zweite Kriegstagung des russischen 
Parlaments 
Die Tagung des Reichsrats 
30. Januar 1915. 
Bei der Eröffnung des russischen Reichsrats hielt Ministerpräsident Goremykin 
eine Ansprache, in der er sagte: „Mit vorbehaltlosem Glauben an die göttliche Vorsehung, 
welche die Jnitiatwe unseres Monarchen segnete, mit festem Vertrauen in die Leitung 
unseres erlauchten, durch den Willen des Souveräns an die Spitze der russischen Armeen 
gestellten Generalissimus, mit unerschütterlicher Hoffnung auf die erwiesene Tapferkeit 
unserer siegreichen Truppen und in dankbarer Anerkennung der Verdienste unserer Ver 
bündeten erwarten wir mit sicherer Ruhe die Entscheidung des großen Kampfes für 
unsere gerechte Sache, des Kampfes, den wir nicht veranlaßt, sondern angenommen haben." 
10. Februar. 
Der Reichsrat hat Gesetzesanträge angenommen, die betreffen: 1. die Entwicklung der 
produktiven Hilfsquellen des Landes und ihre Befreiung von dem Druck der auswärtigen 
Industrie, 2. den Schutz der nationalen Landwirtschaft in Verbindung mit der Aus 
arbeitung einer Grundlage der russischen internationalen Handelspolitik, 3. eine Revision 
des ganzen Steuersystems zum Zweck einer gerechten Verteilung der Besteuerung, 4. die 
unverzügliche Unterdrückung des Grundeigentums deutscher und österreichisch-ungarischer 
Einwanderer in Rußland, außer solcher slawischer Abkunft, 5. eine ausgedehnte Anwen 
dung der Arbeit von Kriegsgefangenen bei Unternehmungen von öffentlichem Nutzen, 
6. die strenge Untersuchung aller Fälle von Verbrechen und Gewaltakten gegen die Be 
stimmungen des internationalen Rechts, die von Truppen und Agenten feindlicher Mächte 
verübt worden sind, 7. die Erleichterung der Lage der russischen Kriegsgefangenen. 
In der Schlußsitzung des Reichsrates hob der Führer der Rechten, Gurkos, hervor, 
wie sich angesichts der gegenwärtigen Weltlage alle russischen politischen Elemente in der 
Idee eines einzigen großen Staates zusammenfanden, und äußerte die Hoffnung, der 
gegenwärtige Krieg werde die jahrhundertealten Zwistigkeiten des russischen mit dem 
polnischen Volke endgültig zerstreuen. Er schloß mit den Worten: „Wir hoffen, auch 
in Konstant in opel Fuß zu fassen, denn einzig der Besitz dieser Stadt kann unsere 
wahre Vereinigung mit den Südslawen schaffen und den schädlichen germanischen Ein 
fluß zerstören, der gegenwärtig in gewissen Teilen jener slawischen Gebiete herrschend 
ist. Wir hoffen das um so zuversichtlicher, weil das ständige Hindernis für diese 
Union bereits verschwand, besonders die Opposition der europäischen Staaten, die 
wir heute als unsere Verbündeten betrachten." Nach einigen Schlußworten des 
Präsidenten des Reichsrates, Gobuleff, verlas der Staatssekretär den Ukas über 
die Vertagung des Reichsrates bis spätestens November 1915, sofern nicht 
außerordentliche Ereignisse eintreten.
	        
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