Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Die Türkei, Aegypten und Persien während der ersten Kriegsmonate 237 
Frage der Verteidigung und Wahrung unserer politischen Rechte und Interessen natür 
lich alles andere in den Hintergrund drängte, habe ich zugleich mit der Erklärung unserer 
Neutralität die allgemeine Mobilmachung aller unserer Land- und Seestreitkräfte 
befohlen. Während unsere kaiserliche Regierung fest entschlossen war, in ihrer bewaffneten 
Neutralität zu verharren, wurde unsere kaiserliche Flotte im Schwarzen Meer von der 
russischen Flotte angegriffen und begannen England und Frankreich sodann tatsächlich 
die Feindseligkeiten, indem sie Truppen und Schiffe an unsere Grenze schickten. Daher 
habe ich unter der Gnade Gottes und mit Hilfe des Propheten den Kriegszustand gegen 
über diesen Mächten erklärt und den Vormarsch meiner Truppen, die sich an den 
Grenzen befanden, befohlen. Da die Notwendigkeit, mit bewaffneter Macht die Zer 
störungspolitik abzuwehren, die zu allen Zeiten von Rußland, Frankreich und England 
gegen die islamitische Welt verfolgt worden ist, den Charakter einer religiösen Ver 
pflichtung angenommen hat, habe ich in Uebereinstimmung mit den betreffenden Fetwas 
alle Muselmanen zum HeiligenKrieg gegen diese Mächte und diejenigen, die ihnen 
zu Hilfe kommen würden, aufgerufen. Der Mut und die Tapferkeit, von der meine 
kaiserlichen Heere an den Grenzen und unsere Flotte im Schwarzen Meer Beweise 
geben, werden einen hervorragenden Platz unter den Heldentaten unserer Vergangenheit 
einnehmen. Die Ordnung und der Eifer, mit dem man dem Mobilmachungsbefehl folgte, 
und die außerordentlichen Anstrengungen zur Bereitstellung der für die Armee nötigen 
Vorräte haben bewiesen, daß unsere Nation einen durch die Vaterlandsliebe zusammen 
gehaltenen Block bildet, zum Heile unseres Vaterlandes. Diese patriotische Hingebung 
ist wahrlich ein würdiger Beweis für unsere Kraft und Stärke. Ich hoffe, daß 
auch unsere Volksvertretung in ihren Entschließungen und Arbeiten Proben von 
Einigkeit und Eintracht geben wird, und erwarte, daß sie rasch die notwendigen 
Aenderungen der Verfassung und die militärischen Kredite prüfe, die ihr durch 
unsere Exekutivregierung vorgelegt werden, ebenso wie andere Gesetzentwürfe, über die 
sie in gleicher Weife zu entscheiden haben wird. Ich bin überzeugt, daß unsere Kräfte zu 
Lande und zu Wasser ebenso wie die muselmanischen Kämpfer, die zum heiligen Kriege 
gegen England, Frankreich und Rußland zu den Fahnen gerufen worden sind, glänzende 
Siege in Asien urtd Afrika den Siegen hinzufügen werden, die nacheinander in Europa 
von den glorreichen Armeen unserer Verbündeten Deutschland und Oesterreich-Ungarn 
gegen die gemeinsamen Feinde errungen worden sind; ich bin überzeugt, daß der All 
mächtige unserem Reiche ebenso wie den Muselmanen der ganzen Welt, die die Waffen 
ergriffen haben, um Recht und Gerechtigkeit zu verteidigen, eine Zukunft voll Glück und 
Ruhm bescheert. Die besonderen Vorrechte, die ehedem durch unsere Regierung den 
Fremden eingeräumt worden sind, haben mit der Zeit ihren Charakter und ihre Be 
deutung verloren und eine schädliche, gegen unser Hoheitsrecht gerichtete Form angenom 
men. Ich habe daher die Unterdrückung aller dieser Vorrechte angeordnet, die mit keinem 
Prinzip des Völkerrechts vereinbar waren und unter der Bezeichnung „Kapitulationen" 
zusammengefaßt wuvden. Ich habe ferner im Gebiete meines Reiches nach dem Muster 
anderer Länder für die Behandlung der Fremden und ihrer Angelegenheiten die Be 
stimmungen des internationalen Rechts eingeführt. Ich stelle mit Befriedigung fest, daß 
unsere Beziehungen zu den Staaten, die am allgemeinen Kriege nicht teilgenommen 
haben, aufrichtig und freundschaftlich sind, und daß sie es insbesondere sind mit unserem 
Nachbarn Bulgarien." 
Lauter Beifall folgt der Rade, dann liest ein Hodscha ein arabisches Gebet, und mit 
der gleichen würdevollen Ruhe, in der er es betreten, verläßt Muhammed Reschad Chan 
das Haus der Kammer, die in ihrem kleinen schmucklosen Saal die Geschicke der Türkei 
und der mohammedanischen Welt mit zu glücklichem Ende leiten sollen.
	        
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