Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

Die Türkei im Seckampf mit dem Dreiverband 231 
Dampfer. Der letzte hatte uns bemerkt, aber es war zu spät, wir waren drin. Vor uns 
lag ein großes Kanonenboot. Der Posten auf demselben hatte uns bemerkt und schlug 
Alarm. „Klar bei Torpedo" und das Schicksal des Kanonenboots war besiegelt. Eine 
furchtbare Detonation und dann sank es mit Mann und Maus. Das war das Alarm- 
zeichen für ganz Odessa. Die im Hafen liegenden Dampfer heulten mit Sirenen und 
Dampfpfeifen, die Glocken von den russischen Schiffen, die wir beschossen, schrien laut um 
Hilfe, und unsere beiden Geschütze donnerten und blitzten dazwischen. Der Hafen schwamm 
voller Menschen, Scheinwerfer spielten, kurz und gut es war ein Höllenlärm... Ich 
vergesse diese Nacht in meinem Leben nicht. Die Strandbatterien konnten uns im Hafen 
nicht beschießen, sonst hätten sie ihre eigenen Schiffe beschossen. Als wir aber den Hafen 
verließen, überschütteten sie uns förmlich mit Geschossen. Doch umsonst: wir entkamen in 
der Dunkelheit. Unser Erfolg in Odessa war: ein Kanonenboot, ein Hilfskreuzer, drei 
Dampfer (darunter ein französischer), ein Küstenwachschiff in den Grund gebohrt, drei 
Dampfer schwer beschädigt, fünf Petroleumtanks brannten, die elektrische Lichtzentrale 
zerstört (Odessa hatte wenigstens vier Wochen kein Licht), die Mole zerstört usw. und das 
alles nur von zwei ungeschützten, kleinen Torpedobooten." 
Nach Kriegsausbruch wurde es Aufgabe der Flotte, den Transport türkischer Truppen 
für die Kaukasusarmee aus dem Bosporus nach Trapezunt zu decken. Die türkischen 
Kriegsschiffe hatten dabei das Schwarze Meer in ganzer Länge und das Defilee zwischen 
der Halbinsel Krim und Kap Pachy bei Sinope zu durchfahren. Stets in Bewegung, 
kämpfte die tapfere Flotte unter einem energischen Führer, der durch Beispiel ihren 
Tatendrang förderte, wochenlang nahezu täglich. Allein die „Midillih" kam neunzehn- 
mal zum Gefecht an den Feind, und trug zweimal ihren Angriff vor russische Festungen. 
Ueber die kühnen Angriffe und teilweise recht hartnäckigen Kämpfe berichten Briese 
unserer blauen Jungen. So wird in einem Brief vom 16. November 1914, den das 
„Neue Wiener Tagblatt" veröffentlicht, erzählt: „Ich weiß nicht, ob ich Euch schon von 
der Beschießung von Noworossijsk geschrieben habe. Mit einem kräftigen Bombar 
dement Haben wir da fünfzig bis sechzig Petroleumtanks in Brand geschossen; alles im 
Umkreis, wohin das Petroleum lief, brannte. Dann kamen vierzehn große Dampfer an 
die Reihe, meistens Oeldampfer, dann große Holz- und Getreidespeicher, die Funken- 
station usw. Die ganze folgende Nacht konnten wir noch den glühend roten Himmel sehen. 
„Sultan Jawus Selim" hat aus nahe Entfernung die Festung Sewastopol beschossen. 
Die Russen haben ihn mit Eisen überschüttet, über 1200 Schuß. Die gefangenen russischen 
Offiziere wollten es nicht glauben, daß ein Schiff es Wagen konnte, diese Festung zu be 
schießen und dann noch heil wegzukommen. Nach der Beschießung von Poti gingen wir 
nach der türkischen Stadt Ordu. Die schickte uns als Liebesgabe zehn Sack Nüsse und 
zehn Hammel. Auch in Uenije erhielten wir zehn Sack Nüsse, zehn Hammel, vier 
Kisten Aepfel, eine Kiste Eier, Butter und Schmalz. Das ist doch sehr nett von den 
Leuten! Wenn wir mal an Land kommen, den Empfang kann ich Euch gar nicht be 
schreiben. Auf den Straßen lassen sie uns hochleben und tragen uns durch die Stadt." 
Ein deutscher Heizer schrieb nach dem „Berliner Tageblatt" in die Heimat: „Unsere 
Fahrt ging die Nacht hindurch mit Kurs auf S e w a st o p o l, denn da mußten die Russen 
nach der Beschießung von Trapezunt wieder hinkommen, und zwar nach unserer Berech 
nung am 18. November gegen Mittag. Am Morgen dieses Tages ertönte plötzlich Alarm. 
Drei Rauchwolken waren am Backbord voraus in Sicht. Es schrillte der Pfiff: „Alle 
Mann sofort aus Gefechtsstation, Ferngefecht am Backbord". Wir rannten halb ge 
waschen unter dem Humor, der uns nie verloren geht, als Freiwache nach den Heiz- und 
Maschinenräumen, um etwa ein Leck zu dichten, das durch eine Granate verursacht 
werden könnte. Unser Führerschiff feuerte schon feste seine Achtundzwanziger, was es
	        
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