230 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpfen
Die Aktion wurde am Samstag den 20. Februar vormittags nach einem Erkundigungs
fluge wieder ausgenommen. Das zu Hilfsdiensten bestimmte englische Fahrzeug „Ark-
royal" ist mit einer Anzahl von Fahrzeugen und Wasserflugzeugen auf seinem Posten.
24. Februar 1915.
Englische Meldung: Das schlechte Wetter und der Sturm haben die
Operationen vor den Dardanellen unterbrochen. Die Beschießung vom 19. Februar
hat die Außenforts schwer beschädigt.
Von den Seekämpfen im Schwarzen Meer und vor den Dardanellen
Die treue und eifrige Arbeit der Männer auf „Gäben", jetzt „Sultan Jawus
Sei im", und „Breslau", jetzt „Midillih", haben die türkische Zuversicht und Ent
schlossenheit wunderbar neu gestärkt. „Mit heimischer Gründlichkeit," erzählt Otto von
Gottberg, „half Admiral Souchon als Chef der türkischen Marine nicht nur für die
Stunde des nahen Kampfes, sondern entwarf einen Flottenplan für alle Zukunft. Er
zog deutsche Reservisten auf dem Balkan ein und stellte deutsche Seeoffiziere auf die
türkischen Schiffe. Kleine Gruppen der Mannschaft gingen mit. Dafür betraten tür
kische Matrosen unsere Kreuzer. Die Ausbildung von Fähnrichen, also die Erziehung
einer neuen Generation türkischer Seeoffiziere begann. Fähnriche wie Matrosen scheinen
eifrig und von gutem Willen.
Von beiden Seiten werden den nationalen Bräuchen gern Konzessionen gemacht.
Enver-Pascha sah beim Besuch an Bord der „Gäben" seine jungen Landsleute mit dem
Fez auf dem Kopf in der Messe: „Nehmt hier die Hüte ab, Kinder, denn die deutschen
Offiziere sitzen in den Restaurants der Stadt nach unserem Brauch mit dem Fez auf
dem Kopf!" Wer einen der Unsern fragt, ob er am Sonntag eine freie Stunde übrig
habe, erhält die bündige Antwort: „Nein, mein Sonntag ist Freitag!" Die Matrosen
müssen sich mit fremdem Leben und fremder Kost abfinden. Schulze ißt auf der
„Hamidije" Pilaw und Achmet verzehrt auf dem „Sultan Jawus Selim" grüne Bohnen
mit Hammelfleisch. Ein deutscher Offizier fragt: „Achmet, wie schmeckt das Essen?"
Achmet, der leidlich Deutsch lernte, runzelt die Stirn und wiegt den Kopf: „Essen seehr
guht!" Aber dann verbessert er sich hastig: „Essen niich schlechtt." Er weiß wie die Sol
daten und Matrosen aller Welt, daß er Vorgesetzte mit Lob, auch der Kost, nicht ver
wöhnen darf. Mag doch der Fragende noch Besseres zu vergeben haben.
Bei Uebungsfahrten im Marmarameer lernten Deutsche und Türken sich dienstlich
schätzen. Der Osmanen Vertrauen in den Führer wuchs, als er sie endlich ins Schwarze
Meer führte. Seit Jahrzehnten hatte es kein Kriegsfahrzeug unter dem Halbmond ge
tragen, und der Jubel eines ganzen Reichs folgte der Flotte. Mit rührender Freude
und Begeisterung grüßten die türkischen Anwohner ihre Flagge. Die ärmsten Dörfler
oder Städter trugen Liebesgaben in kaum zu bergender Menge an Bord der Schiffe.
Darum weckte im Volk der Türken keine kriegerische Handlung größere Genugtuung als
der Angriff, den Admiral Souchon am 29. Oktober 1914 vor die russischen Festen und
in die Häfen des Schwarzen Meers trug..."
Nach dem russischen Uebersall auf die im Schwarzen Meer manövrierende türkische
Flotte unternahmen die türkischen Schiffe erfolgreiche Angriffe auf einzelne russische
Hafenplätze. Den Angriff auf Odessa schildert der Brief eines deutschen Matrosen der
„Breslau", den die „Süddeutschen Monatshefte" veröffentlichen: „Mit nur zwei Torpedo
booten fuhren wir nach Odessa, drangen nachts 3 Uhr in den Hafen ein und waren eine
Stunde 25 Minuten drinnen. Ich vergesse es mein Leben lang nicht. Stockfinster war
die Nacht; ganz abgeblendet, Maschinentüren zu, daß kein Licht nach außen scheint,
schlichen wir uns in den Hafen. In der Einfahrt passierten wir drei auslaufende