Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

222 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpfen 
Der Wüstenmarsch selbst ist geradezu glänzend gelungen. Unsere Vorbereitungen 
haben sich sehr bewährt. Weder Mannschaften noch Tiere haben Hunger oder Durst 
gelitten. Wir haben weder einen Mann noch ein Tier während des ganzen Marsches 
verloren. Am Kanal angelangt, hatten wir einen Krankenstand von eins zu Tausend, 
obwohl wir die ganze Zeit keine Zelte benutzen konnten, auch die Offiziere nicht. 
Vom Feinde war während des ganzen Marsches nichts zu merken. In einer Nacht 
mit lebhaftem Sandwind gelang es uns, unsere Truppen bis an den Kanal heranzuführen 
vollständig unbemerkt und unbeschossen vom Feinde. Wir hatten bereits einige Pontons 
mit Mannschaften auf das andere Ufer des Kanals übergesetzt, jedoch dem bald heftig 
einsetzenden Infanterie- und Maschinengewehrfeuer haben die arabischen Kompagnien 
nicht standhalten können; deshalb ist zunächst von weiteren Uebergangsversuchen Abstand 
genommen worden. Wir blieben aber 30 Stunden in engster Fühlung mit den Feinden. 
Das Infanterie- und Mäschinengewehrfeuer hat uns einige Verluste zugefügt, dagegen 
haben die Kriegsschiffgeschütze keinerlei materielle Wirkung gehabt. Nach Einbruch der 
Dunkelheit haben wir freiwillig das Gefecht abgebrochen. In vollster Ordnung sind die 
Truppen ins Lager zurückgeführt worden. Dank der völligen Untätigkeit des Feindes 
und der eigenartigen Geländegestaltung haben wir auch beim Rückzug keinerlei Verluste 
gehabt. Außer zwei Maschinengewehren, die durch den Sand unbrauchbar geworden 
waren, haben wir nichts in den Händen der Feinde gelassen. Den ganzen folgenden Tag 
sind die Truppen im benachbarten, nur einige Kilometer vom Kanal entfernten Lager 
stehen geblieben. Wir haben von einer Erneuerung des Angriffs an diesem Tage Abstand 
genommen, weil die feindlichen Kriegsschiffe sich außerordentlich vermehrt hatten. Ab 
gesehen von einem feirwlichen Flieger, der uns zwei Tagesmärsche lang gefolgt ist, war 
kein Engländer zu sehen. Langsam und in kurzen Märschen sind wir dann gegen- die 
Grenze zurückgegangen, um die Mannschaft nicht zu überanstrengen. Die Truppen 
befinden sich in einwandfreier Verfassung; unsere Verluste au Gefallenen und Verwun 
deten sind verhältnismäßig unbedeutend, einzelne arabische Soldaten sind zum Feinde über 
gegangen. Mit unseren schweren Batterien haben wir einen feindlichen Kreuzer außer 
Gefecht gesetzt, ein Treffer hat eine Kesselexplosion zur Folge gehabt; gegen ein zweites 
feindliches Kriegsschiff haben wir einige Treffer erzielt, doch konnte die Wirkung wegen 
der großen Entfernung nicht festgestellt werden. Was von englischen Truppen gesehen 
wurde, war von minderer Qualität. Ihr Vorstoß gegen unseren linken Flügel wurde 
bald zum Stehen gebracht und ist völlig zusammengebrochen, als auf unserer Seite frische 
Kräfte herangekommen waren. Man will beobachtet haben, daß die englischen Offiziere 
ihre Leute mit Revolvern vorgetrieben haben." 
Interessante Einzelheiten über ein späteres Nachtgefecht vom 2. auf den 3. Februar 
1915 enthält die Meldung des Kommandeurs einer türkischen Aufklärungsabteilung an 
das Hauptquartier: „Es war vollkommen dunkle Nacht," heißt es in dem Bericht, „als 
wir möglichst lautlos unsere Prahme bestiegen, um den Kanal zu durchkreuzen. Meine 
Truppen waren von dem Gedanken, als erste die Engländer in Aegypten anzugreifen, so 
begeistert, daß ich sie nur mit Mühe abhalten konnte, den Kanal schwimmend zu durch 
queren. Ohne Gefahr erreichten wir das andere Ufer südlich Serapeum. Kein Mensch 
war am Kanal zu sehen. So traten wir unter Führung zweier Unteroffiziere, die diese 
Stelle des Kanals genau kannten, den Vormarsch an. Kaum hatten wir einige hundert 
Schritte vorwärts getan, als meine Führer uns den ersten Posten zeigten. Er bestand aus 
fünfzehn englischen Soldaten. Sie hatten uns jedoch bereits bemerkt und begannen, sich 
zurückziehend, nach links und rechts zu feuern. Nun ging ein wütendes Schießen mit 
Gewehren, Kanonen und Maschinengewehren von allen Seiten los. Als wir die fliehende 
Patrouillen verfolgten, sahen wir vor uns längs des Kanals von allen Seiten Züge mit
	        
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