202 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpfen
„Ich habe das Telegramm, das Ew. Majestät an mich zu richten die Güte hatten, mit
dem größten Vergnügen erhalten. Gestützt auf mein Recht und im Vertrauen auf den
Allmächtigen habe ich den von unseren gemeinsamen Feinden mir aufgedrungenen
Kampf angenommen. Ich kann Ew. Majestät versichern, daß ich meinerseits die leb
hafteste Befriedigung darüber empfinde, meine Heere mit den glorreichen Heeren Oester
reich-Ungarns und Deutschlands für die Verteidigung unserer heiligsten Rechte kämpfen
zu sehen. Ich habe die feste Hoffnung, daß der Allerhöchste die heilige Sache der
Gerechtigkeit durch den Sieg unserer Heere triumphieren lasten wird. Ich lege Wert
darauf, Ew. Majestät meine Bewunderung für die ruhmvollen Taten Ihrer Heere aus
zudrücken und hege die aufrichtigsten Wünsche für unsere gemeinsamen Erfolge."
Kaiser Wilhelm II. hat am 16. November 1914 an den Sultan folgendes
Telegramm gerichtet: „In dem Augenblicke, wo ich das Vergnügen habe, im Haupt
quartier meiner tapferen Armeen drei Prinzen aus der kaiserlich osmanischen Familie
zu empfangen (Bd. III, S. 195), lege ich Wert darauf, Eurer Majestät zum Ausdruck zu
bringen, daß ich volles Vertrauen in den Erfolg unserer Armeen habe, die sich vereinigt
haben, um mit gleichem Ziele für Recht, Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen."
Darauf erwiderte der S u l t a n: „Der außerordentlich wohlwollende Empfang, dessen
Gegenstand meine Neffen seitens Eurer Majestät bei ihrer Ankunft im Hauptquartier
der tapferen kaiserlichen Armeen waren, ist ein Zeichen der kostbaren Freundschaft Eurer
Majestät mir gegenüber, sowie ein deutlicher Beweis der Vereinigung unserer Armeen
in dem gleichen Gefühle der Hingebung und des Vertrauens. Ich beeile mich, Eurer
Majestät aus diesem Anlaß meinen lebhaftesten Dank auszusprechen, und ich lege Wert
darauf, Eurer Majestät meine größte Bewunderung für die großartigen Heldentaten
Ihrer Armeen und Flotten zum Ausdruck zu bringen. Es ist mir ein großes Vergnügen,
Eurer Majestät zur Kenntnis zu bringen, daß meine tapferen Armeen nach blutigem
Kampfe die russische Armee vollständig geschlagen haben und sie siegreich verfolgen. Ich
erblicke in diesem ersten Siege meiner Armeen gern ein gutes Vorzeichen für den end
gültigen Erfolg unseres gemeinsamen Zieles und hege die feste Zuversicht, daß mit
Hilfe des Allmächtigen diesem Siege bald größere Siege unserer verbündeten Heere auf
drei Kontinenten wie auch auf allen Meeren folgen werden."
Erzherzog Friedrich, der Oberstkommandierende der gesamten österreichisch-
ungarischen Streitkräfte, richtete an den türkischen Kriegsminister Enver-Pascha
bereits am 8. November 1914 ein Telegramm, in dem er feiner großen Freude und Be
friedigung darüber Ausdruck gibt, daß die Türkei an dem Kriege, den Oesterreich-Ungarn
für Gerechtigkeit und Zivilisation unternommen hat, mit solchem Mute teilnehme. Der
Erzherzog begrüßt den Kriegsminister als das wahre Haupt der ruhmreichen Armee, die
gegen die gemeinsamen Feinde den Sieg davontragen werde, und fügt hinzu, er betrachte
auch den Erfolg der ottomanischen Flotte unter dem Marineminister Dschemal-Pascha
als gutes Vorzeichen. Kriegsminister Enver-Pascha erwiderte mit einem Telegramm,
das mit den Worten schließt: „Wir haben mit großem Vertrauen die Waffen ergriffen,
um für Millionen Unschuldiger die Freiheit zu erringen," und gezeichnet ist: „Enver-
Pascha, Vizegeneralissimus des ottomanischen Heeres und der Flotte."
Auch zwischen dem deutschen Kronprinzen und dem Kriegsminister Enver-
Pascha fand schon am 4. November 1914 ein herzlicher Telegrammwechsel statt. Auf
das Telegramm des Kronprinzen: „Die 5. Armee und ihre Führer entbieten der otto-
manischen Armee brüderliche Grüße", antwortete Enver-Pascha: „Die kaiserlich
ottomanifche Armee dankt Eurer kaiserlichen Hoheit sowie der 5. Armee für die brüder
lichen Grüße und hofft fest, alle ihre Feinde gemeinsam mit den Armeen Seiner Majestät
des deutschen Kaisers zu besiegen, deren Tapferkeit weltberühmt ist."