Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

184 Die Türkei und der Heilige Krieg bis zu den Dardanellen-Kämpsen 
14. Oktober 1914. 
Aus Teheran wird eine allgemeine Erhebung der unabhängigen persischen 
Nomadenstämme gemeldet. Die Hinrichtung des Reis ül Ulema (geistlichen Oberhauptes) 
in Täbris auf Betreiben Rußlands hat tiefe Erregung hervorgerufen. Die im Kau 
kasus stehenden russischen Truppen wurden kriegsbereit gemacht. Nach dem persischen 
Blatt „Orient" sind an der russisch-persischen Grenze Aufständische unter Bakir Khan im 
Vormarsch auf russisches Gebiet. Blutige Kämpfe fanden am kaspischen Meer statt, 
wo die Aufständischen von Malik Khan geführt werden. Die russische Gesandtschaft über 
reichte in Teheran deswegen eine ernste Note. Die persische Regierung antwortete, sie 
könne die aufständischen Stämme nicht wirksam beeinflussen. Die persischen Zeitungen in 
Teheran und Täbris feiern die deutschen Siege und fordern zur Befreiung Persiens auf. 
17. Oktober. 
Nach Mitteilungen aus Konstantinopel scheinen in Persien alle Parteiunter 
schiede beseitigt zu sein, was sich besonders bei der Einberufung des Medschlis 
zeigte. Der Bruder des Exschahs, Salar-ed-Dauleh, der früher in heftigster Fehde mit der 
Teheraner Regierung lag, tritt jetzt für ein gemeinsames Vorgehen gegen Rußland ein. 
Im Verein mit dem Bachtiarenkhan Emir Mofsakam fordert er in einem Manifest die 
Kurdenstämme auf, den Augenblick zur Befreiung vom russisch-englischen Joch auszunützen. 
18. Oktober. 
Nach persischen Nachrichten haben die Russen, die ihren Einfluß in Aserbeidschan 
schwinden sehen, einen Polizeidirektor in Täbris ernannt. Sie lassen 
russische Polizisten aus dem Kaukasus kommen und versuchen eine eigene Polizei zu 
bilden, die das Tun und Treiben der persischen Liberalen überwacht und die Briese der 
Kaufleute einer Revision unterzieht. 
19. Oktober. 
Aus Wan wird nach Konstantinopel gemeldet, daß abermals Kämpfe zwischen Kur 
den und Russen in der Nähe von Targhevar stattgefunden hätten. Die Russen wurden 
geschlagen und ergriffen die Flucht. In U r m i a herrsche Panik. 
23. Oktober. 
Die persische Regierung überreichte der russischen Gesandtschaft in Teheran 
eine Note, in der Persien strenge Neutralität verspricht, aber von Rußland verlangt: 
1. Die Beibehaltung des alten persisch-russischen Vertrages, wonach Rußland die In 
tegrität Persiens bewahrt und die Erklärung abgibt, daß es in Persien niemals eine 
Einflußzone anstreben werde; 2. müsse Rußland hiernach die englisch-russischen Ab 
machungen von 1908 und 1911, worin England und Rußland einander eine Einfluß 
zone zuerkennen, als null und nichtig betrachten; 3. fordert die Note, Rußland solle seine 
in Nordpersien stehenden Truppen zurückziehen und 4. daß Rußland jede Einmischung 
in die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse unterläßt. 
24. Oktober 1914. 
Der russische Gesandte in Teheran, Korostowetz, hat der persischen 
Regierung eine Note überreicht, in der ausgeführt wird, die im Jahre 1909 in die Pro 
vinz Aserbeidschan entsandten russischen Truppen seien zur Herstellung der Ordnung 
bestimmt gewesen. Da jedoch noch immer keine konsolidierten Zustände in Persien ein 
getreten seien und jeden Augenblick mit dem Ausbruch der Anarchie gerechnet werden 
Müsse, sei Rußland außerstande, seine Truppen jetzt abzuberufen. 
Diese Note hat in Teheran lebhafte Entrüstung hervorgerufen und zu antirussischen 
Kundgebungen Veranlassung gegeben. JndenMoscheensindAnschlägeangebracht,die 
zum Ausstande gegen russische Tyrannen aufrufen. Die Geistlichkeit predigt in den Gottes 
häusern den Heiligen Krieg Seite an Seite mit der Türkei gegen Rußland und England. Das
	        
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