Von den Fürsten und Heerführern der Verbündeten 159
Frieden erkämpfen, denn unsere Nerven sind stärker als die unserer Feinde. Mein kaiser
licher Freund hat mir schon mehrfach die Tapferkeit der mit unseren österreichisch
ungarischen Brüdern zusammen kämpfenden Truppen hervorgehoben und wie ich sehe,
auch durch allergnädigste Verleihung von Auszeichnungen seinen Dank gezollt. Wenn
Ihr jetzt zurückkehrt in Euere Stellungen, nehmt Eueren Kameraden meine herzlichsten
Grüße mit und sagt ihnen, daß, wenn ich auch wieder nach dem Westen muß, meine Ge
danken stets bei Euch sind und meine Augen stets auf Euch ruhen, als wenn ich hinter
Euch stände. Und nun zum Schluß laßt uns unseren brüderlichen Gefühlen Ausdruck
geben, indem wir rufen: Se. Maj. Kaiser Franz Josef und sein Heer hurra!"
Anfang Februar 1915 erschien Kaiser Wilhelm II. abermals auf dem östlichen Kriegs
schauplatz, auf den verschneiten und vereisten Gefilden Russisch-Polens. Am 6. Februar,
morgens, traf der Kaiser in Czenstochau ein, bestieg einen Sonderzug, der ihn nach Lodz
brachte, fuhr von dort im Automobil über Zgierz nach Lowicz, begrüßte bei Kompina die
Truppen und eilte dann nach einem nahen Fürstenschloß, in dessen Park in der Mitte
einer breiten Allee, von hohen Taxushecken eingefaßt, ein schlichter Feldaltar errichtet
worden war, um den sich Truppenabordnungen in großer Zahl, Tausende von Mann,
mit ihren Feldzeichen geschart hatten. Zwanzig Fahnen und Standarten, ein wunder
schönes Bild, wehten entrollt im Winde. Viele Offiziere waren von der Front gekom
men, die ja nur wenige Kilometer entfernt liegt, und als der Kaiser im langsamen, festen
Schritt, zusammen mit Exzellenz v. Mackensen, kommandierenden Generalen, Divisions
kommandeuren, den Herren der Stäbe und seinem persönlichen Gefolge in den gottes
dienstlich-festlichen Kreis seiner Soldaten trat, empfing ihn eine von zwei Regimentern
zusammengesetzte Kapelle mit der Kaiserhymne.
„Mit aufgepflanztem Bajonett standen die Mannschaften vor dem Gewehr," erzählt
der Berichterstatter der „Kölnischen Zeitung", „kurz und kraftvoll war der Gruß des
Kaisers, kurz und kraftvoll war der Gruß der Mannschaften an den obersten Kriegsherrn,
der musternd die Fronten abschritt. In den Kreis der Fahnen, vor den schwarzgedeckten
Feldaltar trat dann Pastor Willigmann, um einen Gottesdienst abzuhalten. Mitten vor
dem Altar stand der Kaiser und hinter ihm seine Heerführer, seine Generale und der
große Kreis der Offiziere. „Rosse werden zum Streittage bereitet, aber der Sieg kommt
vom Herrn" (Sprüche 21, Vers 31), so lautete das ausgewählte Predigtwort, über das
der Geistliche sprach, nachdem zum Eingang gemeinsam das alte Kirchenlied: „Lobe den
Herren, den mächtigen König der Ehren", gesungen worden war. Der Kaiser stand un
beweglich fest auf feinem Platz. Er sah auf den Feldgeistlichen und sang wie jeder Mann.
Und während der Predigt hing sein Auge an den Lippen Pastor Willigmanns, der aus
dem Leben heraus, aus den Geschehnissen der Kriegszeit, sein Predigtwort zu erläutern
versuchte. Warm aus dem Herzen heraus drangen feine Worte. Gemeinsames Gebet
und ein Segen, der über alle Köpfe gesprochen wurde, die helmbar, während sich die
Fahnen neigten, rund um den Altar standen, schloß den Gottesdienst ab. Doch sein
eigentliches Ende fand er erst nach einem zweiten gemeinsamen Gesang; das nieder
ländische Dankgebet wurde angestimmt, und von Strophe zu Strophe schwoll der feier
liche Chor an, bis er im Höhepunkt des letzten Verses, weithinhallend verklang: „Herr
mach' uns frei!"... Auch das war wie ein starkes Gebet.
Bewegung kam in die Massen. Die Gewehre, die während des Gottesdienstes zu
sammengestellt worden waren, wurden von den Mannschaften wieder ergriffen, und von
neuem die Bajonette aufgepflanzt. Dann erschollen auch schon Kommandorufe; Stille
trat ein: der Kaiser sprach. Dankworte waren es, die er an die Truppen richtete. Knapp,
wie es von jeher seine Art gewesen ist, schwer im Rhythmus, abgebrochen oft mitten im
Satz, doch das eine Gefühl unbedingt vermittelnd, daß das, was er sagte, in der Tiefe