Volltext: Der Völkerkrieg Band 3 (3 / 1915)

70 Die russischen Kriegsschauplätze bis zur Winterschlacht in Masuren 
Und so endete der dritte Gefechtstag um Humin damit, daß die dortigen schweren 
russischen Stellungen genommen, daß das Dorf vom Westeingang bis zum letzten Hause 
des Ostausgangs von den deutschen Truppen im Sturm erobert worden war. Als der 
Morgen kam, lagen Tausende von Russen tot auf dem zerstampften Schneefelde." 
Besonders hart wurde um B o r z i m o w gerungen, dessen die Straße Bolimow—War 
schau beherrschende Höhen aber schließlich doch von den deutschen Truppen genommen 
wurden. Auch südlich Humin bei Wola-Szydlowieka gelang der Durchbruch durch 
die russische Front, den der Korrespondent der „Daily Chronicle" folgendermaßen schil 
dert: „Bei Wola-Szydlowieka ist eine Wodkafabrik, die sich direkt über den russischen 
Laufgräben erhebt und in eine Festung verwandelt wurde, deren Maschinengewehre von 
den oberen Fenstern des Hauptgebäudes aus die nördlichen und südlichen Laufgräben 
beherrschten. Der deutsche Angriff war furchtbar. Es gab Zeiten, wo minutenlang kein 
einziger Kanonenschuß zu unterscheiden war, sondern ein unbeschreiblicher Donner von 
Wola-Szydlowieka bis Borzimow dröhnte. Die russischen Laufgräben und Batterien 
wurden in einem schrecklichen Hagel von Granaten einfach erstickt. Am 2. Februar 1915 
um Mitternacht hatte der Angriff eingesetzt. Es war eine finstere Nacht mit schweren 
Wolken, Sturm und etwas Schnee. Scheinwerfer und Raketen flammten auf, und bei 
ihrem Licht und dem Blitzen der Kanonen rückten die Deutschen vor. Angriff folgte auf 
Angriff, bis Wola-Szydlowieka genommen war. Die Laufgräben waren 24 Stunden lang 
hindurch ununterbrochen mit Granaten überschüttet worden; die russischen Verluste 
waren denn auch sehr groß. Durch eine Bresche in den Laufgräben strömten die Deut 
schen nach Szhdlowieka hinein und nahmen Besitz von der Stadt und der Fabrik nördlich 
davon. In derselben Nacht noch wurde die Fabrik in ein deutsches Fort verwandelt und 
sofort von dort ein starkes Feuer aus die russischen Laufgräben zu beiden Seiten eröffnet." 
Von Mitte Februar ab ruhten die Kämpfe südlich der Weichsel. Vereinzelte 
russische Vorstöße wurden von den Deutschen abgewiesen und alle Stellungen behauptet. 
Warschau in Erwartung der Deutschen 
Je mehr sich die siegreichen deutschen Heere der Hauptstadt Polens näherten, je mehr 
Warschau den furchtbaren Druck fühlte, desto größer ward die angstvolle Spannung, 
die auch der an Stelle des in Gefangenschaft geratenen Baron Korfs (vgl. S. 50) neu 
ernannte Gouverneur Peter Wladimirowitsch Werefkin nicht zu bannen vermochte, 
trotz der Unterdrückung aller für die Russen ungünstigen Nachrichten und trotz aller son 
stigen Beschwichtigungsmaßnahmen. Anfang Februar 1916, als die deutschen Truppen 
kaum mehr in Gefechtsweite entfernt vor den Außensorts von Warschau standen, nahm 
die Panik noch zu; die Bevölkerung flüchtete in Scharen in der Richtung nach Bialystok. 
Andererseits beherbergte die Stadt viele Tausende unterstands- und beschäftigungsloser 
Personen aller Kreise, die aus der Umgebung geflüchtet waren; für sie wurden 19 Asyle, 
13 Volksküchen, die täglich 40 000 Portionen verteilten und mehrere Teehallen errichtet. 
Der Mangel an Holz, Kohle und Petroleum machte sich mehr und mehr fühlbar. Da 
gegen waren Fischkonserven und Obst bis Ende Januar 1915 noch immer reichlich in 
der Stadt vorhanden. Die wenigen Verwaltungsmaßnahmen, die von der russischen 
Regierung zur Unterstützung der durch den Krieg heimgesuchten Teile Polens und der 
Stadt Warschau getroffen wurden, aber nur geringen Erfolg hatten, können hier über 
gangen werden. Dafür mögen einige Schilderungen aus den Berichten neutraler Kriegs 
korrespondenten folgen, die Stimmung und Verhältnisse vortrefflich wiedergeben. So 
erzählt der Berichterstatter der Türmer „Stampa", Lancetto Pettinato: „Die Kanonen 
fangen wieder an zu donnern. Wir können uns nicht täuschen. Diesmal schlägt man sich 
ernsthaft auf dem ganzen Lande vor Warschau. Nur die Forts des Festungsgürtels
	        
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