Volltext: Beiträge zur Künstlergeschichte der Passauer Maler Rueland Frueauf Vater und Sohn [7]

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empfinden des Malers, der Besteller und der Be 
wunderer seiner Kunst unmittelbar berührenden, 
bodenverwachsenen Legendenkreiö lebendig, wie dies 
bei den Leopoldstäfelchen und der Tafel der Patrone 
der Passauer Steinmetzhütte der Fall war. Wäre 
nicht das Werk des Passauerö heute noch fast zur 
Gänze verschollen, wir würden wohl in Frueauf d. I., 
dem „Romantiker unter den deutschen Malern der 
Gotik", 
weit unserer ostbairischen Heimat bewundern und 
verehren. 
Für das Jahr 1526 glaube ich einen Altarauftrag 
deö Benediktinerstifteö Melk an Rueland Frueauf 
d. I. wahrscheinlich machen zu können. Es handelt 
sich um 6 zu einem Altarwerk gehörige Tafeln, 
Tempera auf Holz, 61 cm breit, die Höhe 
ros und 115cm variierend. (Bilder 60,61). Christus 
als Lalvator mundi, die hl. Jungfrau und St. 
Johannes Ev. sind in prächtigem Originalzustand 
erhalten und in einem Altärchen der Prälatenkapelle, 
einem Aufbau der zweiten Hälfte des XVIII. Jahr 
hunderts, vereinigt. Die drei anderen Tafeln, Dar 
stellungen des hl. Petrus, (Bild 61) hl. Koloman 
und hl. Kathrina sind stark und derb übermalt und 
befinden sich an den Wänden der Prälatenkapelle 
zerstreut. Das Bild des Lalvator mundi trägt die 
Jahreszahl 1526. Der Bearbeiter der österreichi 
schen Kunsttopographie Bd. III") erklärte die Bilder 
des Altarwerkes richtig als „interessante, vorderhand 
nicht näher lokalisierbare oberdeutsche Arbeiten". Heute 
nach Klarstellung der Kunst und künstlerischen Person 
des Passauers Rueland Frueauf d. I. erkennen wir 
in Komposition, Malart und Kolorit der Melker 
Altartafeln auf den ersten Blick sein Werk. Ebenso 
wie bei der Tafel der vier Gekrönten die Täuflingö- 
gruppe, so stellt Frueauf d. I. die Figur des Sal- 
vator mundi vor ein kreuztonnengewölbtes Kirchen 
schiff; die Architekturformen kommen zwar der 
italienischen Renaissance etwas näher als jene der 
elf Jahre vorher entstandenen Tafel der Gekrönten, 
aber ihre Aehnlichkeit ist doch so allgemein, daß der 
Passauer sie auch in der Melker Tafel durch ein 
Fruchtgehänge, das über die vordere Logenöffnung 
herübergezogen ist, erhöht. Auch die seitlichen Figuren 
sind in solche Renaiffancearchitekturräume mit Frucht 
gehängen gestellt, wie solche Räume der Kreis um 
") Oesterrerchische Kunsttopographre III (Polit. Bezirk Melk), 
bearbeitet von Prof. Dr. Tiehe, S. 298, Tafel XVI und 
Fig. 298. 
Dürer, ein Burgkmair, Martin Schaffner und an 
dere schufen. Wie es der jüngere Frueauf schon 
seit den Tagen seiner Gesellenjahre in Nürnberg 
liebte, sind die Hintergrundskuliffen durch rundbogige 
Fensteröffnungen mit Säulen gebildet. Im Vorder 
grund führen breite, in starker perspektivischer Aus 
sicht wiedergegebene Fensterleibungen mit kräftigem 
Phot. Oefterr. Lichtbildftelle-Wien 
Bild 61. Melk, Prälatenkapelle, Tafelbild St. Petrus 
Ruck ins Rauminnere. Mit dem Lalvator mundi 
schuf Frueauf ähnlich wie mit seinen Madonnen 
und seinem hl. Leopold wieder eine in der Ikono 
graphie seiner Zeit viel benützte Jdealgestalt. Nach 
ahmungen dieses Vorbilds finden wir u. a. in der 
Klosterneuburger Stiftsgalerie oder, in der Nähe 
Passaus, im Pfarrhof zu Triftern im Bez. Amt
	        
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