Volltext: Beiträge zur Künstlergeschichte der Passauer Maler Rueland Frueauf Vater und Sohn [7]

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bestimmt nicht den Zutritt zu dem noch im Bau be 
findlichen, in der wohlbehüteten bischöflichen Festung (!) 
gelegenen Neugebäu gestattet hätte, selbst wenn er 
Kenntnis von dem herrlichen neuen Malerwinkel 
gehabt hätte. Im Gegenteil, es ist anzunehmen, daß 
jener Maler, der damals während des Saalbaus 
den herrlichen Blick auf die Burg in seinem Skizzen 
buch festhielt und als Hintergrund für die gleich 
zeitig unter seiner Hand befindliche Großgmainer 
Altartafel verwertete, als bedeutender Passauer Maler 
von Bischof Christoph von Schachner (1490 
— 1500) zur prunkvollen Ausschmückung des neuen 
Saalbaus herangezogen worden war. Die heute im 
Münchener Nationalmuseum (Saal 10) befindlichen 
Ausstattungsstücke des Schachner-Saales und die 
Großgmainer Tafeln weisen ja auf die gleiche Zeit 
der Entstehung, ja es wird sogar sehr zu untersuchen 
sein, ob nicht die Innenausstattung auf den Entwurf des 
Großgmainer Malers zurückzuführen ist. Alexander 
Erhard, der den Saal noch intakt sah, berichtet 
1863 im II. Band seiner Passauer Stadtgeschichte, Seite 
297, daß an der Säule in der Mitte des Saales 
das Wappen des Bischofs Christoph, ein schwarzer 
Steinbock, nebst dem passauischen roten Wolf und 
der Jahreszahl 1409 angemalt gewesen sei, 
also wohl damals die wesentliche dekorative Aus 
stattung des Saales vollendet war. 
Wer war nun damals der führende Passauer Maler? 
Die ausgezeichneten „Beiträge zur Passauer Kunst 
geschichte", die Wolfgang Maria Schmid 
in den »Beiträgen zur Geschichte der deutschen Kunst« 
(Augsburg 1924) veröffentlichte, weisen uns den 
Weg. Im Jahre 1499 war nach wie vor Rueland 
Frueauf d. A. der führende Mann. Der aus 
Obernberg am Inn stammende Maler war von 
1470 — 80 in Salzburg tätig gewesen, wurde nach 
1480 Passauer Bürger, malte dann 1481, wie 
Schmid nachwies, das Riesenfreöko am Schaibling- 
turm zu Passau und wurde am 11. Mai 1484 
als Passauer Bürger nach Salzburg berufen, um 
den zu errichtenden Hochaltar in der Franziskaner- 
kirche nach seiner Meinung anzuordnen. Ob er in 
dieser Zeit nochmal nach Salzburg übersiedelt ist, 
ist ungewiß. Jedenfalls aber ist sicher, daß er zur 
Zeit des Baus und der Ausschmückung des Schach- 
ner'schen Saales und zur Zeit der Entstehung 
des Großgmainer-Altars Passauer Bürger war; 
denn am 28. Februar 1497 ist er als Passauer 
Bürger Zeuge für den Hauökauf des Hofschusters 
Egid Winter in der großen Meffergasse Nr. 6, in 
dessen Nähe er also wohl gewohnt hat. Inzwischen wird 
ihm zwar für kurze Zeit um sein Verschulden das 
Bürgerrecht aufgesagt, erhielt es jedoch auf Grund 
der Intervention zahlreicher Fürsprecher am 20. März 
1498 wieder, um von da an bis zu seinem Tod im 
Jahre 1507 ununterbrochen in Passau zu bleiben. 
Neben dem alten Frueauf wirkten in der fraglichen 
Zeit um 1499 noch Martin Kriech bäum und 
Rueland Frueauf der Jüngere, der Sohn 
des Alten, als Maler in Passau. Der „jung Ruland" 
war neben seinem Vater als Meister tätig; kurz 
vor 1497 erwarb er durch Heirat der Witwe Doro 
thea des Bürgers Wolfgang Stahl das Passauer 
Bürgerrecht, gründete damit seinen eigenen Haus 
stand, und blieb bis 1545 in Passau nachweisbar 
tätig. Der Vater Rueland aber war alt geworden; 
um 1500 wird er von einer Bürgschaft ledig ge 
sprochen, 1503 wird er, wohl wegen hohen Alters, 
von einer Vormundschaft befreit und 1507 stirbt 
er. Nichts ist daher naheliegender, als daß der 
alternde Vater die junge Kraft seines Sohnes für 
die Aufrechterhaltung seines Kunstbetriebes nützte. 
In dem archivalisch sichergestellten Umstand, daß 
mindest vom Jahre 1497 an Vater und Sohn Frue 
auf beide in Passau künstlerisch tätig sind, liegt auch 
die Lösung des großen Rätsels von Großgmain. 
Sowohl Paul Buberl als Robert West haben richtig 
erkannt, daß die Bilder der Rückseite der Groß 
gmainer Tafeln (Bild 2 — 6) nicht von der Hand 
des Meisters der vorderen Tafeln herrühren, wobei 
jedoch beide Autoren anerkannten, daß der Maler 
der Rückseiten sich neben dem Hauptmeister als 
gleichwertig behauptet. Daß der Maler der Rück 
seite jedoch niemand anderer ist und sein kann als 
Rueland Frueauf d. I. aus Passau, ist bisher 
der Forschung völlig entgangen. Daß der Maler 
ein Passauer Meister sein muß, haben wir schon 
wahrscheinlich gemacht, daß die Rückseitenbilder sich 
stilistisch völlig eindeutig in das Werk des jungen 
Frueauf reihen, zeigt der einfache Vergleich mit 
Werken, die als bestimmt eigenhändige Arbeiten des 
jüngeren Frueauf gesichert sind, so der Vergleich 
mit der um das Jahr 1497 entstandenen, signierten 
Bilderreihe aus dem Leben des Täufers (Bild 16 
und 17) und mit dem gemalten, ebenfalls in Stift 
Klosterneuburg bei Wien aufbewahrten Passionszyklus. 
Ganz allgemein, vom bildkompositionellen Stand 
punkt betrachtet, haben die Großgmainer Rückseiten-
	        
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