Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und seine Stellung zu den Wiedertäufern

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in uns den Sinn und Geist seiner Lehre, die vorher schon in 
uns war, wieder erkennen. 
Christus ist unser Erlöser und Seligmacher, aber nur geistig, 
indem er uns den Weg zur Seligkeit, den wir verloren hatten, 
wieder gezeigt hat. Nicht sein ausserordentlicher Tod hat uns 
erlöst, sondern seine Lehre. 
Eine hervorragende Bedeutung haben die Bünderlin'schen 
Schriften dadurch, dass sie mit warmen Worten Toleranz gegen 
Andersgläubige predigen. Schon die Vorrede zu seinem ersten 
Werke bemerkt, dass seine Schrift die Absicht habe, zu versöhnen 
und zu verständigen. 
Meistens, meint er, sei die Verschiedenheit der Meinungen 
nur aus einem Misverständnis entstanden, beruhe nur in Worten 
und Ausdrücken. In der Sache selbst seien doch die Meisten ein¬ 
verstanden. 
Dann aber verwirft er die Ansicht, dass alle verdammt 
seien, die das Wort Gottes nie gehört haben, als Gotteslästerung. 
Es stehe uns überhaupt nicht zu, jemanden seines Glaubens 
willen zu verdammen. Wir haben nur zu lehren, sanftmüthig zu 
ermahnen und zu bekehren. Mit Liebe müssen wir zu überzeugen 
suchen, wie denn die Liebe überhaupt das Wesen des neuen 
Testamentes ist und mit ihr die Freiheit, während das Wesen 
des alten in der Strenge und Härte einerseits, in der Knechtschaft 
andererseits beruht. 
Er tadelt die Intoleranz der Katholiken ebenso wie die der 
Lutheraner. Den letzteren wirft er vor, dass sie jetzt, wo sie 
die Oberhand bekommen, verlangten, dass man gegen Anders¬ 
gläubige, das ist gegen Ketzer, das Schwert gebrauchen solle, 
was ganz gegen Christus sei, während sie vorher, wie sie noch 
mit dem Papstthum kämpften, die Gewissensfreiheit gepredigt 
hatten. Wenn die Schrift von dem Hasse Gottes gegen die 
Heiden spricht, so sei das bildlich zu verstehen, indem die Schrift 
Gott menschlich, mit unseren Affecten und Leidenschaften vor¬ 
stellt, damit wir die Sache besser begreifen. In Wahrheit sei 
Gott von aller Leidenschaft frei.
	        
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