Volltext: Johannes Bünderlin von Linz und seine Stellung zu den Wiedertäufern

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Wort von der geistigen Freiheit missverstanden werde und seine 
Wirkungen auch auf politischem und socialem Gebiete sich zu 
äussern beginnen, d'a ist ihm vor seiner eigenen Lehre angst 
geworden, und er hat sich beeilt, die evangelische Freiheit so aus¬ 
zulegen, dass an die Stelle der Autorität der Kirche die der Bibel zu 
setzen sei. Hauptsächlich der Opposition gegen diese Einschränkung 
des Beformationsgedankens ist es zuzuschreiben, dass viele der¬ 
jenigen, welche den Gedanken einer Kirchenreformation mit 
Enthusiasmus begrüsst hatten, sich von Luther trennten, und im 
Wege der Bildung besonderer Secten ihre weitergehenden An¬ 
sichten zum Ausdruck brachten, oder doch in Wort und Schrift 
offen für dieselben eintraten. 
Zu solchen Abtrünnigen, welche sich gegen Luther und 
seine Anhänger in eine umso schärfere Opposition setzten, als 
sie zweifellos die ersten Grundlagen ihrer Lehren miteinander 
gemeinsam hatten, zählten auch die Wiedertäufer. 
„Ob es vor einen guten Anfang göttlicher Erscheinung und 
Anmut gehabt", lautet ein Urtheil der Wiedertäufer über Luther 
und Zwingli „ist ihnen das Licht der rechten Wahrheit wiederum 
verdunkelt worden. Es ist mit ihnen nicht anders gewesen, als 
ob man einen alten Kessel flicket, dass das Loch nur ärger wird. 
Damit haben sie ein freies Volk nur zu sündigen erzogen, gleich- 
nissweis zu reden: Haben sie demPabst den Krug aus der Hand 
geschlagen, aber die Scherben darin behalten. Es muss aber also 
ergehen nach den Worten Christi: Wer in dem Kleinen nicht 
treu ist, dem wird das Grössere nicht vertraut." 
Die Lehre der Wiedertäufer enthält ein religiöses und ein 
sociales Element. Ihre religiöse Lehre war entschieden mystisch. 
Nur hatte der Anapabtismus die Mystik eines Eckart und Tauler 
ihres poetisch-philosophischen Gehaltes entkleidet, er hatte ihn 
gröber, sinnlicher, ich möchte sagen, handgreiflicher gemacht. 
Am tiefsten hat Thomas Münzer das mystische Element erfasst. 
Ihm ist der Glaube nichts anderes als das in der Seele des 
Menschen lebendig gewordene Wort der Schrift, welches zugleich 
das der Vernunft sei.
	        
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