Volltext: Allgemein verständliche Vorlesung über die Legenden vom heil. Florian und vom heil. Maximilian, den Heiligen der Diözese Linz

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hinaus der Klerus mit der römischen Provinzial-Einrichtung und Provinzial-Berwal- 
tung vertraut gewesen ist. 
13. Der Zwiespalt zwischen den Passauer Bischöfen und der neuen Einrichtung der Metropo 
litangewalt bestand schon gleich anfangs im Jahre 739, er steigerte sich im neunten 
Jahrhunderte zum Streite über die Diözesengrenzen mit Salzburg; die Bischöfe von 
Passau hatten daher hinreichenden Anlaß, schon so frühzeitig darauf bedacht zu sein, 
sich von der erzbischöflichen Gewalt zu befreien. Deshalb hat auch Dü m ml er, 
der beste Kenner dieses Zeitalters, die Florianslegende als den Vorläufer 
der späteren ungemessenen Passauer Fälschungen bezeichnet. 
14. Der Kultus einheimischer Heiliger kennzeichnet sich dadurch, daß denselben zu 
Ehren zahlreiche Kirchen im eigenen Vaterlande geweiht sind. So gibt 
es in der ehemaligen Lombardei fast unzählige Kirchen zu Ehren der einheimischen 
Heiligen Gervasius und Protasius, deren Leiber vom heil. Ambrosius erhoben wurden. 
Ganz das Gegenteil findet in Bezug auf den heil. Florian von Lorch statt. 
Zu Ehren dieses angeblich einheimischen Märtyrers sind in den älteren Zeiten 
— vor dem 12. Jahrhunderte — diesseits der Alpen nur ein paar, in Ober 
und Niederösterreich überhaupt nur zwei: St. Florian bei Ens und St. Florian 
bei Schärding, vorhanden, wovon man letztere Kirche schon im zwölften Jahrhunderte 
wieder zu Ehren der heil. Maria geweiht hatte. 
15. dagegen finden sich jenseits der Alpen in den Sprengeln der Bistümer des Patri 
archates Aquileja zahlreiche Florianskirchen, auch schon in alter Zeit. 
Dieser Florian wurde von jeher als Schutzherr gegen das Element des Feuers 
angerufen, ohne daß man von ihm eine Legende hatte. Dieses südliche Gebiet ist 
daher als die Heimat des Feuerpatrones anzusehen, hier ist derselbe ein 
heimisch. 
16. Aus diesen Tatsachen ist folgerichtig zu schließen, daß die Verehrung des heil. 
Florian aus dem Süden in den Norden übertragen und für denselben, da die Kirche 
Passau eines einheimischen Märtyrers bedurfte, eine Legende angefertigt und zuerst 
in einem kleinen, dann in einem größeren Bruchstücke in das Martyrolog eingefügt wurde, 
um den Kultus als althergebracht erscheinen zu lassen. Die Legende wurde nachhin 
auf den italienischen Florian und auf den polnischen Florian, der erst 1183 nach 
Krakau kam, angewendet. 
Kurz gesagt: 
Der 4. Mai kannte keinen Florian von Lorch, dieser Gedächtnistag ist willkürlich 
zur Legende gewählt und letztere erst im achten Jahrhunderte erdichtet worden. 
Es bedarf nur folgerichtigen Denkens, um zu dieser Folgerung zu gelangen. Ich 
schließe mit den Worten des wohlmeinenden und dennoch von den geistlichen Oberer: 
angefeindeten katholischen Professors Dr. Ehrhard: 
„Die Aufgabe unserer Zeit muß es sein, die Zeugnisse der Verehrung und Liebe 
zu den Heiligen (die Legenden) kritisch zu prüfen, die Legenden von den historischen 
Quellen zu scheiden, die Ueber- und Umarbeitungen auf die ursprüngliche:: Texte zurück- 
zuführen und auf dem dadurch gelegten Grunde eine Geschichte der Heiligen aufzubauen, 
welche strenger als unsere bisherigen „Leben der Heiligen" das Gesetz der Wahr 
heit beobachten kann, in der Ueberzeugung, daß sie dadurch besser sowohl den: Ruhm 
der Heiligen selbst, als den religiösen Bedürfnissen des katholischen Volkes dienen wird."
	        
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