Volltext: Allgemein verständliche Vorlesung über die Legenden vom heil. Florian und vom heil. Maximilian, den Heiligen der Diözese Linz

20 
788 regierten. Dem ist die urkundlich bekräftigte Tatsache entgegen zu halten, daß 
der letzte Herzog Tassilo gerade den Landstrich gegenüber denr Stifte St. Florian 
zwischen den beiden Jpfbächen im Jahre 777 dem neügestifteten Kloster Krems 
münster schenkte, während es doch nahe gelegen wäre, denselben nicht dem 
Florianshause sozusagen vor der Nase wegzuschenken, wenn es wirklich bereits be 
standen hätte. 
So finden wir ans unserem Wege überall falschen Schein statt wirklichen 
Seins. Endlich siel auch die letzte Stütze für die Annahme einer frühen Verehrung 
des heil. Florian an der Stätte des heutigen Stiftes, freilich erst nach heftiger 
Gegenwehr. -Eine Passauer Urkunde aus der Zeit des Bischofs Otkar erwähnte, daß im 
Orte Puche der heil. Florian begraben sei, sowie daß die Schenkung des Priesters 
Reginolf früher in Gegenwart' des Bischofs .Crchanfrid, welcher auch in zwei 
anderen Urkunden genannt wird, erfolgte. Alle drei Urkunden haben keine Jahres 
zahl; auf die erdichtete Bischofsreihe von Lorch gestützt, setzte man sie in das siebente 
oder später mindestens in den Anfang des achten Jahrhunderts. War dieser Ansatz 
richtig, dann war die Verehrung des Lorcher Heiligen weit hinter das Jahr 772 
hinanfgerückt. Es gelang mir aber, die zeitliche-Bestimmung dieser Urkunden nach 
den Regeln der Diplomatik; sie fallen weder in das siebente noch in das achte 
Jahrhundert, sondern erst in das neunte, nämlich in den Zeitraum zwischen den 
Jahren 802 und 830. Crchanfrid und Otkar sind auch nicht Diözesanbischöfe, son 
dern nur Missions- oder Weihbischöfe von Passau gewesen. Dennoch nannte der 
Verteidiger der Legende den Nachweis eine klägliche Ausflucht und ließ diesen 
krampfhaft festgehaltenen Rettungsanker erst dann fahren, als Dr. Krnsch meine 
Methode als die richtige anerkannt und mit weiteren Gründen verstärkt hatte. 
Ich stehe am Ende meiner Ausführungen. 
Der literarische Kampf um die Echtheit oder Ilnechthcit der Legende wurde 
von Seite der Verteidiger mit einer solchen Heftigkeit und Hartnäckigkeit ans- 
gefochten, daß nur zu deutlich zu erkennen war, es handle sich für sie nicht darum, 
ob eine Legende mehr oder weniger eine Fälschung sei, sondern um das Prinzip, 
n i ch t e i n e n einzigen Stein aus d e m L e g e n d e n g e b ü u d c, das die 
vielen Jahrhunderte hindurch aufgeführt worden war, Hera u s b re ch en zu 
lasse n; gerade jene, welche sich für kirchliche Vertreter ausgeben, scheuen die 
Wahrheit und bemühen sich, dieselbe ihxen Mitmenschen auch fürderhin vor 
zuenthalten. 
Diese Kampfesweise hat mich bewogen, die Ergebnisse der wissenschaftlichen 
Forschung mittels eines öffentlichen Vortrages in die weitesten Kreise zu tragen; 
es würde sich wahrhaftig nicht lohnen, jede freie Zeit des ganzen Lebens'den 
Studien zu widmen, wenn dieselben mit der Erkenntnis der so lange verdunkelten 
Wahrheit nicht auch den: gesamten Volke zugute kämen. Jene, die an dem 
Fortbestände der alten Täuschungen interessiert sind, lassen sich freilich niemals 
überzeugen; daran liegt aber nichts, für diese wurde die mühsame Arbeit nicht 
verrichtet. 
Die Ergebnisse des literarischen Ringkampfes sind nun folgende: 
1. Die Legende des heil. Florian von Lorch stammt nach Inhalt und Schreibweise nicht 
aus der römischen Zeit, also nicht aus dem vierten oder fünften Jahrhundert; sie 
hat vielmehr eine moderne Fassung. 
2. ein verunstaltetes kleines Bruchstück derselben findet sich zuerst als Zusatz bei den 
afrikanischen Märtyrern am 4. Mai in der Weißenburger Handschrift aus dem Jahre
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.