Volltext: Die Mannschaft 1. Band (1. Band / 1936)

deren glänzendem perlmutterschimmer das rotzitternde Licht eine leise, 
aufbebende Glut schenkte, fast wie jungfräuliche Scham vor etwas 
Fernem, Ungekanntem. 
Und wieder begann sie zu sprechen, zu fragen, wie Frauen fragen, 
unvermittelt, aus dem Kerzen heraus. Und ich gab Antwort und Ant- 
wort, Hin und wieder war es auch still. Ganz still. So still, daß man 
den Duft, den ein Strauß blaßroter Rosen ausgoß, strömen hörte und 
das Ticken einer Standuhr mit leisen Schritten von einem zum anderen 
ging. Aber sie überbrückte jegliche Stille und erzählte auf einmal von 
Reisen, die sie in Deutschland gemacht. Im Schwarzwald — in den 
Bergen und an den Seen des Bayernlandes. Erzählte von der Märchen- 
stadt München, in deren Runsttempeln sie Schönheit, Ungebundenheit 
und Traulichkeit gelernt. Und die Worte entschlüpften ihr wie muntere, 
buntgefiederte und manchmal doch so entzückend-schwerfällige Vögel. 
Als sie aber gar in bayerischer Mundart zu scherzen begann, schloß ich 
eine weile die Augen und lauschte — und hatte mich doch, ehe ich es 
wollte, verraten. Verraten, daß auch ich einer bin aus jener Stadt der 
Rünste, daß auch ich einst durch jene Wunderstraßen schritt, einer Welt 
voll hohen Idealen zugetan, begeistert für die hohe Religion der Edeln 
und der Strebenden, die Runst. 
wie elektrisiert sprang sie auf, und ein Wundergeläut' von seligen Er 
innerungen taumelte ihr über die Lippen. Zwischendurch, wie durch einen 
Blumenkranz die Lieblingsfarbe der Binderin sich schlängelt, klangen immer 
wieder die höchsten, begeistertsten Laute ihrer Muttersprache. Ihre Lebens 
geschichte, die wundersamen Wege ihrer Schicksale gebe ich keinem preis. 
Und als ich ihr den Finger Gottes auch in meinem Leben wies und 
ihr erzählte von Weib und Rind und von vielem Schönen und Edeln, 
wie mein Weib zu Hause mit der Seele meiner harrt, wie mein Rind 
allabendlich Gott anfleht, daß er ihm den Vater erhalte, daß der Vater 
heil bleibe und gesund — da saß sie still und ihre Augen füllten sich 
mit Tränen. Sie vergrub ihr Antlitz in den blühenden Rosen, daß nur 
ihr Haar lichtübergossen zu mir aufstrahlte. 
zij
	        
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