Volltext: Die Gründungsurkunden des Zisterzienserklosters Wilhering

Die Gründungsurkunden des Zisterzienserklosters Wilhering. 125 
Kommendierung Cholos ist ja nicht von so großer Bedeutung ge¬ 
wesen als jener der Gründung selbst, im Hinblick auf den Grundsatz 
des alten deutschen Rechtes von der größeren Kraft des älteren 
Rechtstitels. Gestützt wird diese Jahresangabe einmal durch die 
chronologischen Tafeln der Zisterzienserabteien128), welche die 
Besitzergreifung durch die Reuner Mönche auf den 30. September 
1146 verlegen. Dann wissen wir aus den St. Florianer Weihe¬ 
notizen129), daß 1147 die Kirche St. Johann am Windberg geweiht 
wurde, welche Ulrich von Wilhering der St. Florianer Pfarrkirche 
St. Maria in Waldneukirchen geschenkt hatte; diese Schenkung 
muß also nicht allzulange vorher, etwa 1146, erfolgt sein. Das 
Zusammentreffen dieser frommen Transaktion Ulrichs mit den 
beiden anderen Daten ist immerhin auffallend genug, um die Ver¬ 
teilung des Besitzes Ulrichs an geistliche Empfänger — Bamberg, 
Wilhering und St. Florian — in das Jahr 1146 zu verlegen. Die 
in der Narratio der Gerlausurkunde überlieferten Geschehnisse 
werden demnach in diesem Jahre vor sich gegangen sein, welches 
also als Gründungsjahr Wilherings angesehen werden muß. Um 
nun einen möglichst alten Rechtstitel zu erlangen, wurde etwa 1148 
die Gerlausurkunde auf das Gründungsjahr zurückdatiert. 
Da erst die Vergabungen Ulrichs die Zukunft Wilherings 
materiell sichergestellt haben, fand der Akt in der Folgezeit natur¬ 
gemäß größere Beachtung als die Urkunde. Deshalb hat auch auf 
ihn allein der Chronist seine Darstellung der Anfänge Wilherings 
aufgebaut. Als das Besitzverzeichnis für das Privileg Honorius III. 
ausgearbeitet wurde, nahm man ihn hiefür zur Grundlage. 1237 
wurde er in die Fälschung verarbeitet. 
Daneben waren aber die Gerlausurkunde und der Entwurf 
zur Kommendierung nicht vergessen. Denn dieser stellte durch 
die Zeugenliste eine notwendige Ergänzung der Gerlausurkunde 
dar, analog dem Akte. Er erlebte dann in der Fälschung von 1237 
eine Auferstehung, wobei auch die Erzählung jener über die Grün¬ 
dung Aufnahme fand. 
Die Zusammenhänge zwischen diesen drei Urkunden und jener 
von 1154 bieten also ein wohl nicht häufig im Urkundenwesen des 
deutschen Südostens vorkommendes Bild gegenseitiger Bedingtheit. 
Von jenen dreien hat jedes in ganz bestimmter Weise zur Begrün¬ 
dung der Rechtsstellung Wilherings beigetragen. Zusammengefaßt, 
und zwar wieder in eigenartiger Form, und bestätigt wurden sie 
1154 durch die Autorität des Bischofs Eberhart von Bamberg. Mit 
dieser Urkunde hat die Zeit der „Anfänge des Stiftes Wilhering" 
is») Grillnberger, Anfänge S. 11. — Grillnberger, Über eine Urkunde des 
Papstes Innozenz IV., Archiv f. Geschichte der Diözese Linz 2 (1905) S. 282. 
129) Siehe Anm. 124.
	        
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