Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Anthropologie. 
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1 Ebendas. S. 102 u. 103. — 2 Ebendas. § 397. S. 103. 
Dieses der Welt und der Wirklichkeit Absterben charakterisirt das 
Greisenalter, das gegensatzlose Verhältniß zwischen dem Individuum 
und der Gattung. Die Masse der Einzelnheiten und willkürlichen Be 
stimmungen, wie z. B. Namen, womit das praktische Leben erfüllt ist, 
werden vergessen; der allgemeine, wesentliche und nothwendige Inhalt 
des Lebens und der Welt wird behalten. Es ist in der Ordnung, daß 
man im letzten Lebensalter den Ballast los wird und die wahren Güter 
in sich trägt: darin besteht sowohl die Gedüchtnißschwäche als die Weis 
heit des Greisenalters. „So schließt sich der Verlauf der Lebensalter 
des Menschen zu einer durch den Begriff bestimmten Totalität von 
Veränderungen ab, die durch den Proceß der Gattung mit der Einzeln- 
heit hervorgebracht werden." 1 
Der menschliche Geist als natürliche Seele hat nicht bloß eine 
Reihe natürlicher und verschiedener Qualitäten in fortschreitender Be- 
sonderung an sich, durchläuft nicht bloß die natürlichen Veränderungen 
der Lebensalter in fortschreitender Verallgemeinerung, sondern unter 
liegt auch dem reellen Gegensatz der Individuen innerhalb der Gattung, 
nämlich dem Geschlechtsverhältniß, vermöge dessen das Individuum 
„sich in einem andern Individuum sucht und findet". Das Geschlechts 
verhältniß durchläuft auch eine Entwicklung, die auf normalem Wege 
zur Gründung der Ehe und Familie führt, worin es seine geistige und 
sittliche Bedeutung und Bestimmung erlangt? 
3. Schlaf und Wachen. 
Die natürliche Seele als Individuum ist sowohl mit sich identisch 
als auch von sich unterschieden. Ihre Unterschiede sind jene natürlichen 
Qualitäten, die Lebensalter, die Geschlechtsdifferenz; das Seelenleben 
in seiner Identität niit sich („Ununterschiedenheit") und in seiner Unter- 
schiedenheit von sich erscheint in den beiden entgegengesetzten Zuständen, 
die beständig miteinander wechseln und ineinander übergehen, des 
Schlafens und Wachens. Im Lichte des Tages werden die Dinge 
manifestirt und unterschieden, das Dunkel der Nacht verhüllt die Unter 
schiede: daher entsprechen Schlaf und Wachen normalerweise dem physi 
kalischen Wechsel von Nacht und Tag. Der französische Physiologe 
Bichat hat im thierisch-menschlichen Organismus das animalische und 
organische Leben unterschieden: jenes ist das nach außen gerichtete, 
thätige, unterscheidende Leben der Bewegung und Empfindung, der
	        
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