Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Von Thales bis Anaxagoras. Von Anaxagoras bis Plato. 1081 
i Ebendas. S. 259-269. 
menschlichen Erkenntniß beklagt und nach ionischer Art die Entstehung 
der Dinge stofflich erklärt: daher bei ihm der eleatische und ionische 
Standpunkt noch vermischt sind? 
Die eleatische Lehre muß in ihrer vollen Reinheit und Folge 
richtigkeit über den ionischen und pythagoreischen Standpunkt erhoben 
und festgestellt werden. Dies geschieht durch Parmenides, den Meister 
und das Haupt der Schule, dessen Blüthe in die 69. Ol. (504—501 v. Chr.) 
fällt. Hegel läßt die Reise nach Athen und das Gespräch zwischen 
Parmenides, Zeno und Sokrates, welches Plato in seinem Parmenides 
ausgeführt habe, für historisch gelten. Es enthalte „die erhabenste 
Dialektik, die es je gegeben". 
Alles Entstehen und Bergehen schließt das Nichtsein in sich, 
dieses aber ist nicht, darum giebt es kein Entstehen und Vergehen, 
sondern nur Sein, welches gleich ist dem reinen Gedanken und dem 
reinen Denken: Denken und Sein sind identisch. Diese Erkenntniß 
ist der Weg der Wahrheit, welchen Parmenides im ersten Theile seines 
Gedichtes schildert, das Sein ist in sich vollendet, darum begrenzt. Der 
zweite Theil des Gedichtes schildert den Weg der Meinung und des 
Irrthums: das Nichtsein ist auch, also Sein und Nichtsein, die Gegen 
sätze und der Widerspruch herrschen in der Natur der Dinge und im 
Denken der Menschen. Wenn man nicht vernunftgemäß denken kann 
und will, wonach nur das Sein ist, das eine, ungewordene und 
unvergängliche, so muß man sich vorstellen, daß zwei einander ent 
gegengesetzte Principien in der Natur der Dinge und in der Seele 
des Menschen wirksam und gemischt sind, das Lichte und Dunkle (Licht 
und Nacht), das Warme und Kalte; man muß sich das Weltgebände vor 
stellen als zusammengesetzt aus Sphären, hellen und dunklen. Knrzgesagt, 
man muß von dem Standpunkt der philosophischen Erkenntniß herab 
steigen auf die niederen und überwundenen Standpunkte der ionischen 
und pythagoreischen Vorstellungsart. Parmenides war mit Pytha- 
goreern befreundet (Ameinias und Diochaites) und hieß selbst ein pytha 
goreischer Mann. 
Melissas aus Samos, dessen Blüthe in die 84. Ol. (444 v. Chr.) 
fällt, hat den parmenideischen Gedanken dergestalt bewiesen und ent 
wickelt, daß das Seiende ewig, ohne Anfang und Ende, also un 
begrenzt, eines und unbeweglich sein müsse, da alle Bewegung
	        
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