Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

1030 Die Geschichte der Philosophie. Die griechische Philosophie. 
das Thema beider der Grund und zwar der eine, aus dem alles 
hervorgeht. Die Bewegung aber, worin dieses Hervorgehen (Ent 
stehen und Vergehen) besteht, hat von beiden keiner erklärt noch zu 
erklären vermocht. Nunmehr ist das dritte Hauptproblem sowohl die 
Vielheit und Besonderung, welche aus dem einen Urgründe hervor 
geht, als auch das Hervorgehen (Entstehen und Vergehen) selbst oder 
die Bewegung. Da nun diese beiden Begriffe der Vielheit und der 
Bewegung Denkschwierigkeiten, ja, wie es zunächst scheint, Denkunmög 
lichkeiten enthalten, so ist das Denken jetzt genöthigt, auf sich selbst 
zurückzugehen, sich mit sich selbst zu beschäftigen und seine eigene, von 
aller Sinnlichkeit freie und reine Thätigkeit zur alleinigen Richtschnur 
der Wahrheit zu nehmen. Diese außerordentliche Bedeutung hat sich 
in der Geschichte der griechischen Philosophie diejenige Schule erworben, 
welche nach ihrem Hanptsitz, der italischen Cvlonie Elea, die elcatische 
heißt. Der Stifter ist Xeuophaues, der Meister Parmenides, die 
Schüler Melissus und ZenoZ 
Xeuophaues, ein ionischer Grieche aus Kolophon in Kleinasien, 
Zeitgenosse des Anaximander und Pythagoras, arm und flüchtig, soll 
die Gründung von Elea in einem Epos geschildert haben, weshalb 
man diesen Ort auch für seinen Wohnsitz gehalten. Er hat aus der 
Einheit des Urgrundes das Alleine gemacht, welches alles Entstehen 
und Vergehen ausschließe, und dieses Alleine Gott genannt. Auf 
das ganze Weltall hinblickeud (nicht, wie Hegel übersetzt: „ins Blaue 
sehend"), habe er gesagt: das sei Gott. Daher war Xeuophaues der 
erste griechische Philosoph, welcher, pantheistisch bewegt, der Volks 
religion, dem Polytheismus, der Mythologie, den Dichtungen des 
Homer und Hesiod mit leidenschaftlichem Ernste entgegentrat. Alle 
Götterlehre sei lächerlicher Anthropomorphismus. Wenn Stiere und 
Löwen Bilder machen könnten, so würden ihre Götterbilder Stiere 
und Löwen sein. Homer und Hesiod schreiben ihren Göttern allerhand 
schimpfliche und schändliche Werke zu, Ehebruch, Lüge und Betrug. 
Im klebrigen habe Xenophanes nach elegischer Weise die Schwäche der 
1 Die Bruchstücke der Gedichte des Xenophanes und Parmenides und der 
Schrift des Melissus hat Brandis in Bonn gesammelt: «Gommentationeo Elea- 
ticae. P. I. Altona 1813»; die dem Aristoteles zugeschriebene Schrift «De Xeno- 
phane, Zenone et Gorgia» hält Hegel noch für echt, erkennt aber richtig, daß 
der erste Theil nicht von Xenophanes, sondern von Melissus handelt, nach den 
von Simplicius erhaltenen Bruchstücken seiner Schrift. (S. 278 Anmk.)
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.