Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die bestimmte Religion. 
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Welt in ihrer Vollkommenheit als ein dreifaches Kunstwerk aufgefaßt 
und bezeichnet hat; ihr objectives Kunstwerk ist die Götterwelt, der 
Gegenstand ihres religiösen Bewußtseins? 
Der Geist ist frei, er ist kein Ding mit diesen oder jenen Eigen 
schaften, sondern er ist das, wozu er sich durch seine eigene Thätigkeit 
selbst macht, seine Erhabenheit ist die That seiner Erhebung, seine 
Schönheit ist seine Natürlichkeit und die Vollkommenheit seiner Herr 
schaft darüber, diese Herrschaft ist ein Sieg, der den Kampf mit den 
Naturmächten voraussetzt: daher der Götterkrieg, welchen Hesiod in 
seiner Theogonie schildert, der Krieg zwischen Uranos und Kronos, zwischen 
Kronos und Zeus, zwischen Zeus und den Titanen, welche die empörten 
Naturgewalten sind. „In diesem Götterkrieg ist die ganze Geschichte 
der griechischen Götter und ihrer Natur ausgedrückt, daß sie als 
das geistige Princip sich zur Herrschaft erhoben und das Natürliche 
besiegt haben: das ist ihre wesentliche That und das wesentliche 
Bewußtsein der Griechen von ihnen." Prometheus, diese wichtige und 
interessante Figur, ist noch Titan oder Naturgewalt, da er den Menschen 
nur solche Geschicklichkeiten und Kunstfertigkeiten lehrt, welche zur 
Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse dienen, die immer wieder sich 
erneuern und nachwachsen, wie ihm selbst zur Strafe die Leber. Man 
vergleiche nur, was die Gottheiten als Naturmächte waren, mit dem, was 
sie als griechische Götter geworden sind, z. B. die Diana von Ephesus 
voller Brüste als die erzeugende und ernährende Kraft der Natur, mit 
der Diana als Jägerin, welche die wilden Thiere erlegt. Die Natur 
gewalten, welche sich gegen die Götter empören, sind die Titanen, 
wie Prometheus; die Helden, welche sich zu den Göttern erheben 
und sich die Gottheit erkämpfen, sind die Heroen, wie Herakles. 
Die Götter kommen von den Naturmächten, die Heroen kommen von 
den Göttern. Daß Herakles den Zeus vom Throne stoßen wird, läßt 
Aeschylus den Prometheus zu seinem Troste weissagen. — „Wenn Zeus 
mit Tode abgeht, wirst du ihn beerben!" läßt Aristophanes den Bacchus 
zum Herakles sagen. 
Die Erscheinungen der Natur und des Lebens werden angeschaut 
und gedeutet als göttliches Thun. Dies geschieht durch die mensch 
liche, dichterische Phantasie: das ist Dichtung, nicht Erdichtung. Als 
bei der Leichenfeier des Achill das Meer zu stürmen beginnt, sagt 
- Vgl. oben Buch II. Cap. XXXV. S. 760—765. Hegel. Werke. XII. 
S. 95-99.
	        
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