Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die bestimmte Religion. 
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ist nur negativ gegen die Abstraction, die hier das Herrschende ist. 
Daraus folgt diese Seite des indischen Cultus, daß Menschen sich, 
Eltern ihre Kinder opfern; hierher gehört auch das Verbrennen der 
Weiber nach dem Tode des Mannes. Diese Opfer haben einen höheren 
Werth, wenn sie ausdrücklich mit Rücksicht auf Br ahm oder irgend 
einen Gott geschehen, denn dieser ist auch Brahm." 1 
3. Der Buddhaismus (Lamaismus) oder die Religion des Jnsichseins. 
Der Fortschritt vom Brahmanismus zum Buddhaismus, der in 
seiner Ausbreitung die meisten Anhänger in der Welt zählt, ist so 
einleuchtend wie einfach. Was die indische Religion und deren Cultus 
als Ziel erstrebt, das ist im Buddhaismus der Ausgangspunkt und die 
Grundlage: nämlich das personificirte menschgewordene Jnsichsein, 
weshalb Hegel gerade diesen Namen zur Kennzeichnung dieser Religion 
gewählt hat. Die Einheit mit dem Alleinen, das Brahmsein in der 
Tiefe und Stille der Abstraetion, ist in Ansehung aller Besonderung 
und Bestimmtheit des Lebens das Nichts. Das Nichtsein ist das 
Letzte und Höchste. Nur das Nichts hat wahrhafte Selbständigkeit, 
alle andere Wirklichkeit, alles Besondere hat keine. Aus Nichts ist 
alles hervorgegangen, in Nichts geht alles zurück. Das Nichts ist das 
Eine, der Anfang und das Ende von allem. „Gott, obzwar als Nichts, 
als Wesen überhaupt gefaßt, ist doch gewußt als dieser unmittel 
bare Mensch, als Foe, Buddha, Dalailama." 
Auf den Charakter der Völker, die ihr angehören, hat diese Religion 
besonders insofern gewirkt, als sie die Erhebung über das unmittelbare, 
einzelne Bewußtsein zur durchgehenden Forderung macht. Der Charakter 
der Völker dieser Religion ist der der Stille, Sanftmuth, des Gehorsams, 
der über der Wildheit, der Begierde steht. Insofern die Stille des 
Jnsichseins das Vernichtetsein alles Besonderen, das Nichts ist, so ist 
für den Menschen ebenso dieser Zustand der Vernichtung der 
höchste und seine Bestimmung ist, sich zu vertiefen in dieses Nichts, die 
ewige Ruhe, wo alle Bestimmungen aufhören, kein Wille, keine Intelligenz 
ist. Da ist von Tugend, Laster, Versöhnung, Unsterblichkeit keine 
Rede: die Heiligkeit des Menschen ist, daß er in dieser Vernichtung, 
in diesem Schweigen sich vereint mit Gott, dem Nichts, dem Absoluten. 
Im Aufhören aller Regung des Körpers, aller Bewegung der Seele 
> Ebendas. S. 366—383. Vgl. oben Philos. d. Geschichte. Buch II. 
Cap. XXXIV. S. 751—755. 
Fischer, Gesch. d. Philos. VIII. N. A. 
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