Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Religion. 
Erhöhung des religiösen Bewußtseins will erkämpft und errungen, 
darum auch erlitten und, bildlich zu reden, gekreuzigt werden, um auf 
zublühen und ihren Dust in der Welt zu verbreiten. Rose und Kreuz 
gehören zusammen. Dies gilt auch von der Gegenwart. Darum sagt 
Hegel: „Um die Rose im Kreuz der Gegenwart zu pflücken, dazu muß 
man das Kreuz selbst auf sich nehmen". Er hatte in der Vorrede 
zur Rechtsphilosophie gesagt: „die Vernunft ist die Rose im Kreuze 
der Gegenwart". Dieses dunkle Wort findet hier in der Religions 
philosophie seine Parallelstelle, die es vollkommen erleuchtet.* 
2. Die Religion der Zauberei. 
Alle Religion ist geistiger Art, denn die Thiere haben keine 
Religion. Die unmittelbare Existenz oder Erscheinung des Geistes ist 
der Mensch, und zwar dieser einzelne, gegenwärtige, empirische Mensch. 
Wenn einem solchen eine unmittelbare Gewalt über die Natur zu 
geschrieben wird, kraft deren er durch seinen bloßen natürlichen Willen, 
d. h. seine Begierde die dem menschlichen Leben bedrohlichen und gefähr 
lichen Erscheinungen, wie Erdbeben, Ueberschwemmungen, Stürme u. s. f. 
sowohl Hervorrufen als verschwinden machen kann, so besteht darin die 
Zauberei und zwar die unmittelbare oder directe Zauberei. Eine 
solche Art der Zauberei findet sich bei den Eskimos (die Angekoks), 
bei mongolischen Völkern (die Schamanen), vor allen bei den 
Negern in Afrika. 
Nun will die Zauberei gegenständlich sein oder sich objectiviren, 
was dadurch geschieht, daß sie einmal nicht bloß durch das Subject des 
Zauberers, sondern durch Objecte oder Zaubermittel wirkt, und daß 
dann die Zauberer als die gewaltigen, mit Zauberkräften ausgerüsteten 
Personen den andern gegenübertreten. So entsteht die indirecte 
Zauberei, der Glaube an die Zauberer oder die Religion der 
Zauberei, welche nach Hegel den Charakter der unmittelbaren oder 
natürlichen Religion ausmacht. „Die natürliche Unmittelbarkeit ist 
so nicht die wahrhafte Existenz der Religion, vielmehr ihre niedrigste, 
unwahre Stufe." 2 
3. Der Fetischismus. 
Das Erste und Hauptsächlichste ist der Wille des Subjects, 
das zweite ist die Natur des Mittels, und das dritte, daß der 
* Ebendas. S. 262-279 (S. 271, 277). Vgl. dieses Werk. Buch I. Cap. XI. 
S. 144. - - Hegel. XI. S. 276, S. 279—293.
	        
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