Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Religion. 
* Ebendas. S. 223—230. — - Ebendas. S. 230-236. 
giebt sich dadurch nur das Bewußtsein der aufgehobenen Trennung, 
und fern Thun ist insofern schlechthin freudiges Thun. Dies ist 
auch der Sinn der Geschenke im Orient überhaupt; so bringen die 
Unterthanen und Besiegten dem Könige Gaben, nicht daß er reicher 
werden soll, denn es wird ihm ohnehin Alles zugeschrieben, und es 
gehört ihm Alles." 1 
Der Grund des Besitzes ist die Arbeit, und deren Frucht sind 
die Werke. Die höhere Form des Cultus besteht nun darin, daß der 
Mensch nicht etwas von seinem äußeren Besitz, sondern seine Werke 
den Göttern opfert, daß er für sie arbeitet; die religiöse Arbeit ist 
wie die göttlichen Mächte selbst, fortbeständig oder „perennirend", sie 
beschäftigt nicht einzelne Menschen, sondern Generationen, das Her 
vorgebrachte hat den Charakter des Ungeheuren und Colossalen. Die 
religiöse Arbeit fällt in die Sphäre des Opfers, alle Opfer wollen die 
Gnade der Götter erwerben und erhalten. Nun aber kommen die 
Calamitäten, äußeres Unheil, Mißwachs, Pest, Kriegsunglück u. s. f. 
Solche Calamitäten erscheinen auf dem Standpunkt der Naturreligion 
als die Folgen einer Entzweiung zwischen Gott und Mensch, einer von 
seiten des Menschen verschuldeten, durch Cultusacte aufzuhebenden 
Trennung beider. Jetzt gewinnt der Cultus die Gestalt einer Sühn 
ung, die durch allerhand ceremoniöse Handlungen, Sühnopfer, 
äußere Zeichen der Buße u. s. f. vollbracht wird. 
Die Vorstellung einer zwischen Gott und Mensch zerreißbaren 
Einheit verendlicht und beschränkt die göttliche Naturmacht; daher 
muß eine höhere Einheit vorgestellt werden, welche über allem Dasein 
als die dunkle Nothwendigkeit schwebt, unerkannt, anerkannt: diese 
Nothwendigkeit ist das Schicksal, das alles Lebendige verzehrt und 
hinwegrafft; die Geister der Abgeschiedenen (Manen) zürnen dem 
Schicksal und wollen versöhnt und gerächt sein: dies geschieht durch 
den Cultus der Todtenfeier und Todtenopfer.^ 
Unabhängig von dem Schicksal des Todes, der alles lebendige 
und äußere Dasein trifft, ist die menschliche Freiheit und Innerlichkeit. 
Hier gewinnt der Cultus jene höchste, schon erleuchtete Form der 
inneren wahrhaften Reue und Buße. 
Die Hauptformen des Cultus sind demnach: das nach religiösen 
Vorschriften geordnete Leben, die religiöse Arbeit, die Sühnung, die
	        
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