Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

846 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst. 
- Ebendas. S. 66-69. Vgl. S. 25. 
welche nach Griechenland zusammengeflossen waren, Asiatisches, Pelas- 
gisches, Dodonäisches, Thrakisches, Somothrakisches, Phrhgisches, In 
disches, Buddhistisches, Phönicisches, Aeghptisches, Orphisches, nebst dem 
unendlich vielen Einheimischen des speciellen Locals und anderer Einzel 
heiten. Diesen vielfach überkommenen Ausgangspunkten widerspricht 
es freilich auf den ersten Blick, daß jene Dichter den Göttern sollen 
den Namen und die Gestalt gegeben haben. Beides aber, Tradition 
und eignes Bilden, läßt sich durchaus vereinigen. Die Tradition ist 
das Erste, der Ausgangspunkt, der wohl Ingredienzien überliefert, aber 
noch nicht den eigentlichen Gehalt und ächte Form für die Götter mit 
bringt: diesen Gehalt nahmen jene Dichter aus ihrem Geist und sind 
dadurch in der That die Erzeuger der Mythologie geworden, welche 
wir in der griechischen Kunst bewundern." 1 
Der Charakter des classischen Ideals ist die in sich concentrirte 
Individualität, entnommen „aller Mannigfaltigkeit der Beiwesenheiten", 
aller Noth des particularen Daseins und aller damit verbundenen 
„vielzweckigen Unruhe". „Dies macht für die Göttergestalten den Aus 
druck der Hoheit, der classisch schönen Erhabenheit nothwendig. Ein 
ewiger Ernst, eine unwandelbare Ruhe thront auf der Stirn der Götter 
und ist ausgegossen über ihre ganze Gestalt." „Es ist wie das 
Wandeln eines unsterblichen Gottes unter sterblichen Menschen." Aus 
diesem Grundzuge der mit der Schönheit verschmolzenen Erhabenheit 
fließen die Eigenthümlichkeiten, welche nur dem classischen Ideal zu 
kommen: 1. die makellose Aeußerlichkeit, der vollkommene Leib 
als Ausdruck ungehemmter Kraft und Freiheit, 2. die göttliche kummer 
lose Heiterkeit, die über Tod, Grab, Verlust und Zeitlichkeit tief 
hinwegblickt und nichts mit der Freude und Zufriedenheit, dem Lächeln 
des Selbstbegnügens und dem gemüthlichen Behagen der Sterblichen 
gemein hat, 3. mit der Gemüthlichkeit ist auch die Innigkeit des 
Empfindens ausgeschlossen, deren Abwesenheit den classischen Göttern 
den Ausdruck der Unnahbarkeit und Kälte verleiht; aber in ihrer 
Leiblichkeit tragen sie den Charakter der Vergänglichkeit an sich, und 
das Gefühl, daß etwas Höheres über ihnen schwebt, die Nothwendig 
keit oder das Schicksal, das Götter und Menschen bezwingt, mischt sich 
in den Ausdruck ihrer Hoheit. Dies ist 4. der Hauch und Duft der 
Trauer, der in den Götterbildern der Alten selbst bei der bis zur
	        
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