Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Lehre von den Kunstformen. 
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Vater, den Gatten und den Fürsten gerächt hat. „Interessanter 
noch, obschon ganz in das menschliche Empfinden und Handeln hinein 
gelegt, tritt derselbe Gegensatz in der Antigone hervor, einem der 
allererhabensten, in jeder Rücksicht vortrefflichsten Kunstwerke aller 
Zeiten." 1 
Der Fortgang von dem alten Göttergeschlecht zu den neuen Göttern 
wird von der griechischen Mythologie, wie es dem Geiste derselben ent 
spricht, als eine Zeitfolge und Entwicklung vorgestellt, welche durch 
die Herrschaft des Uranos und die des Kronos zu der des Zeus und 
der Kroniden fortschreitet, von den ungeordneten und dunklen Ge 
walten zu einem Götterstaat und einer Götterwelt, einer Vereinigung 
der Götter gegen die ihnen feindlichen Mächte, wie die griechischen 
Völker einig waren vor und gegen Troja. Der Sieg des Zeus und 
der Sturz der Titanen ist in der griechischen Mythologie „die absolute 
Katastrophe". Dieser Götterkrieg ist nicht eine Mythe unter anderen, 
sondern „die Mythe, welche den Wendungspunkt macht und die 
Schaffung der neuen Götter ausdrückt". 
Die Schuld der Titanen war ihre Maßlosigkeit. Dieser entsprechen 
die Strafen, die sie im Tartaros erdulden, wie Tantalos und Sisyphos; 
die Form der maßlosen Strafe ist die schlechte Unendlichkeit, wie sie 
im Durste des Tantalos und im Wälzen des Steins sich darstellt. 
Okeanos wird an den Saum der Erde verbannt, Prometheus an das 
scythische Gebirge geschmiedet, wo ihm täglich ein Adler die Leber frißt, 
die immer wieder nachwächst. 
Der Götterkamps und Sieg bedeutet den Fortschritt von der 
Natur zum Geist. „Und das Geistige ist das an den Tag sich 
Fördernde; was sich nicht manifestirt und in sich selber zur klaren 
Deutung bringt, ist das Ungeistige, das in die Nacht und das Dunkel 
wieder zurücksinkt." ^ 
Indessen, wie es der wahre Begriff der Entwicklung mit sich 
bringt, ist das Alte, obwohl in seiner Geltung vernichtet, doch 
in seiner Bedeutung erhalten und aufbewahrt. Hegel nennt dieses 
Fortbestehen „die positive Erhaltung der negativ gesetzten 
Momente". Die griechischen Götter sind nicht so bornirt, so hart 
1 Ebendas. S. 40—52. Ueber die Eumeniden des Aeschylus und die Anti 
gone des Sophokles, auf welche beiden Tragödien Hegel so oft und gern zurück 
kommt, vgl. dieses Werk. Buch I. Cap. IV. S. 284 flgd. — * Hegel. X. Abth. II. 
S. 52—55.
	        
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